Nachtquartier

9. August 2013, 23:03

"Wie viele andere Immigranten auch, bin ich innerlich in einem kulturellen und emotionalen Zwischenraum gefangen und letztlich immer noch beziehungsweise weiterhin unterwegs", sagte der Schriftsteller, Journalist und Wirtschaftswissenschaftler Vladimir Vertlib einmal in einem Interview.

Vertlib kam 1966 im damaligen Leningrad zur Welt, die Eltern waren Mitglieder einer illegalen zionistischen Organisation und reisten nach Israel aus, als der Sohn fünf Jahre alt war. Es war der Beginn einer Odyssee durch die halbe Welt für Vladimir Vertlib, eine Odyssee, die ihn zusammen mit den Eltern von Israel nach Wien, Amsterdam, wieder Israel, die USA und schließlich wiederum nach Österreich führte. Anfang der 80er Jahre begann Vertlib, der heute in Salzburg lebt, mit dem Schreiben, dann studierte er in Wien Volkswirtschaft.

Dem kulturellen und emotionalen Zwischenraum, von dem Vertlib spricht, lässt sich eindrucksvoll in seinem zweitem Buch "Zwischenstationen" (1999) nachspüren, in dem der Autor, der unter anderem mit dem Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis und dem Anton-Wildgans-Preis ausgezeichnet wurde, lakonisch und ironisch vom wechselvollen Schicksal seiner Familie und sich selbst erzählt. Mit dem nüchternen Blick des Journalisten beschreibt Vertlib die vielen ermüdenden, oft quälendenVersuche der Eltern, im je neuen Land ein Stück Heimat, jedenfalls ein wenig Geborgenheit zu finden.

In der zweistündigen Sondersendung spricht Kristin Gruber mit Vladimir Vertlib über seine jüdische Identität, sein Verhältnis zu Österreich und das Leben im "Zwischenraum", aus dessen unsichtbaren Wänden so leicht keine Befreiung möglich scheint.

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