Gedanken für den Tag

9. August 2013, 06:56

Mut zu neuen Balancen

In der Politik sind wir klare Alternativen gewohnt: Hier die sozial und solidarisch empfindenden Menschen, dort kalte Neoliberale. Auch ich werde immer wieder gefragt, ob ich meiner Einstellung nach sozial oder liberal bin. All dies verwirrt freilich wegen des angedeuteten "Entweder - Oder".

Ich zum Beispiel bin fest davon überzeugt, dass der Mensch zur individuellen Entfaltung befähigt und berufen ist, soweit es nur irgendwie möglich ist, in Eigenverantwortung zu leben; gleichzeitig weiß ich, wie hinfällig und solidaritätsbedürftig der Mensch sein kann: Zwischen beiden Lebenssituationen liegt ja vielleicht nur die Zehntelsekunde Unaufmerksamkeit, die zu einem Verkehrsunfall führt.

Angesichts dessen geht es für mich nicht darum, das Sozialsystem entweder sozial-solidarisch oder liberal auszugestalten, sondern die richtige Balance zwischen den beiden Polen zu finden: So weit eigenverantwortlich wie möglich und so viel solidarisch wie nötig.
Das Finden von Balancen bereitet freilich auch in einem anderen Zusammenhang Probleme, nämlich wenn von der work/life-Balance die Rede ist. Man stelle sich das nur einmal bildlich vor: Eine Waage, auf deren einen Schale die Arbeit liegt, die mit dem Leben, das auf der anderen Schale liegt, gewogen werden soll: Bringt dieses Bild nicht geradezu dramatisch deutlich zum Ausdruck, wie lebensfeindlich die Arbeitswelt empfunden wird? Folgen eines hohen Arbeitsdrucks und überlanger Arbeitszeiten sind Fehlzeiten, zerbrechenden Beziehungen und vorzeitiger Pensionierung aus burn-out und anderen psychischen Gründen. All das kann nicht mit simplen Maßnahmen eines work/life-tools geheilt werden, sondern nur durch eine grundlegend neue Denkweise, die bis in die Sprache durchdringt:
Für mich sollte die Arbeitswelt aus dem Ansatz gestaltet werden, dass sie als ein TEIL des Lebens, nicht aber als sein GEGENORT begriffen wird: Ich möchte die Arbeitswelt im Sinn von work/family-Balance so gestalten, dass sie Freude am Leben nachhaltig ermöglicht.

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Sendereihe

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Gestaltung

• Alexandra Mantler