Ärzte rüsten zum Protest, Minister beharrt

Die Ärztevertreter werfen der Politik vor, sie wolle das Gesundheitssystem kaputt sparen. Morgen wollen 500 Ärztevertreter Protestmaßnahmen beschließen. Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) beharrt: Die Reform komme auf alle Fälle.

Mittagsjournal, 20.11.2012

"Falschinformation durch Ärzte"

"Müssen wir jetzt immer hundert Kilometer ins nächste Krankenhaus fahren?" - "Unser Spital ist weg" - "Mein Arzt ist weg" - mit derlei Schockplakaten sehen sich derzeit viele Patienten in der Arztpraxis konfrontiert.

Gesundheitsminister Alois Stöger dazu: "Es geht nicht an, dass die Ärzte die Patienten falsch informieren." Er sei für die Auflösung aller Kammern, formulierte dazu der niederösterreichische Finanzlandesrat Sobotka, ÖVP. Und "Wacheln mit dem Leichentuch" nannte Sozialversicherungschef Schelling die Ärztekampagne.

Protestmaßnahmen vor Beschluss

Woran krankt's? An einem eher sperrigen Projekt namens Gesundheitsreform: Länder, Sozialversicherung und Bund sollen in Zukunft "gemeinsam Versorgungsstrukturen planen, steuern und finanzieren". Gespart soll werden - genauer gesagt, der Anstieg der Gesundheitskosten soll eingedämmt werden. Für die Ärztevertreter heißt das in der Übersetzung: Weniger Krankenhäuser, weniger Krankenhausärzte, kein Zuwachs an Kassen-Ordinationen. Morgen gibt es eine Protestversammlung von 500 Ärztevertretern. Was genau beschlossen wird, bleibt abzuwarten: Tageweise Ordinationsschließungen, Großdemonstrationen, vieles ist möglich, heißt es in Ärztefunktionärskreisen.

Öffentliche Kritik ist okay, beeilt sich Gesundheitsminister Stöger - ganz Demokrat - zu versichern. Entschieden wird aber trotzdem, sagt Stöger - ganz Minister. Und zählt unter den Entscheidern nicht die Ärztekammer auf. Dieser wichtige Schritt werde abgestimmt unter Bund, Ländern und Sozialversicherungen. Und um es noch deutlicher zu sagen: Er verstehe den Protest der Ärztekammer nicht. Ihm seien keine Vorschläge bekannt, die nicht ohnehin aufgegriffen würden.

Kritik: Ärzte nicht eingebunden

Eine Position, die Stöger übrigens heute die Kritik von ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger, selbst praktischer Arzt, einbringt: Stöger binde die Ärzte in die Reformverhandlungen nicht ein und berücksichtige sie nicht in den künftigen Entscheidungsgremien. Genau das ist es, was die Ärzteschaft kritisiert: Man sei ja nicht gegen Neuerungen. Bund, Länder und Sozialversicherungen würden aber hinter verschlossenen verhandeln.

Und außerdem seien die bisher vorgelegten Berechnungsgrundlagen seien absurd und falsch. Und, so die Ärztekammer, wenn bis 2016 im Gesundheitswesen 3,4 Milliarden und bis 2020 gar elf Milliarden Euro eingespart werden müssen, dann stehe das in krassem Gegensatz zu den Bedarfsprognosen: Mehr ältere Menschen, mehr chronische Krankheiten, bessere, aber eben teurere Medizintechnik und Medikamente.