Zeit-Ton

9. Dezember 2013, 23:03

Die musikalische Großform wurde zum Themenschwerpunkt gekürt. Lange Stücke also. Allerdings ist Länge allein keine Qualitätsgarantie. Bei den heurigen Donaueschinger Musiktagen avancierte jedoch das Klangforum Wien unbestritten in zwei Konzerten zum Garant für höchste interpretatorische Qualität, der sich die kompositorische uneingeschränkt gesellte.

Die zwei uraufgeführten Werke, 70 bzw. 80 Minuten, sind zwar lang, aber kraft ihrer Substanz forcieren sie die Hörbereitschaft, sind obendrein, weil einfallsreich, kurzweilig. Eines davon war mittlerweile im Wiener Konzerthauszyklus des Klangforums zu hören: "Situations" von Georges Aperghis, eine musikalische Soirée. Diese Situationen, fragmentarische Miniaturen, sind den Damen und Herren des Klangforums gewissermaßen auf den Leib geschrieben: kontrastreiche Charakterstückchen, in Sprachnähe dialogisierend, gewürzt mit instrumentalen Finessen. Langeweile stellte sich ja bei Georges Aperghis noch nie ein.

Ebenso wenig bei Enno Poppe, dessen kompletter "Speicher"-Zyklus (I bis VI) das andere Klangforum-Konzert füllte (die Wiener Erstaufführung fand vor drei Tagen, am 6. Dezember, im Konzerthaus statt). Die Teile dieses Zyklus sind untereinander durch eine Vielzahl kompositorischer Ableitungen vernetzt, reichend von Materialähnlichkeiten bis zu Kontrastelementen, als sollten sich in die Ordnungssysteme Zellen geplanter Unordnung einnisten. Der lapidare Ausgangspunkt, ein Bratschenton, wächst und wächst zu Motiv-Varianten, zur gestisch profilierten Thematik, und kulminiert in geradezu emphatisch gebündelter, harmonisch gestützter Melodik. - Teilwiedergaben von beiden Werken.

Sendereihe

• Sound Art: Zeit-Ton