Zwischenruf

von Superintendent Olivier Dantine (Innsbruck)

In den Karnevals- und Faschingshochburgen geht es an diesem Wochenende und noch bis Dienstag rund. Ich muss zugeben, dass ich ein Faschingsmuffel bin, und am liebsten gehe ich in diesen Tagen nicht auf die Straße. Nicht einmal meine Frau hat mich von der fünften Jahreszeit bisher begeistern können. Sie stammt immerhin aus dem Rheinland, einer der deutschen Karnevalshochburgen.

Aber nun gut, ganz kann ich dem Fasching ja nicht ausweichen und so schaue ich im Internet nach, was Menschen so einfällt beim Thema "Bibelstellen zum Karneval". Der erste Treffer: Eine Website, die mir weismachen will, dass hinter dem Faschings- und Karnevalstreiben der Teufel höchstpersönlich stecke.

Also so ein Spaßverderber möchte ich dann doch nicht sein, mein sechsjähriger Sohn würde den Ausfall des Faschings auch nicht akzeptieren. Aber stimmt das Vorurteil doch? Sind Christen Spaßverderber? Hat Nietzsche Recht, wenn er über die Christen schreibt, erlöster müssten sie ihm aussehen, wenn er an ihren Erlöser glauben soll? Oder hat Wolfgang Ambros Recht?:

"Mir geht es wie dem Jesus, mir tut mein Kreuz so weh. Doch ihm tat's erst mit 30, mir tut es heut schon weh. Mir geht es wie dem Jesus, doch hab' ich nicht die Klasse. Denn ich verwandle nur den Wein in Wasser, das ich lasse. Und wie der Jesus sage ich, heiteren Gesichts: Das Leben ist ein Heidenspaß, für Christen ist es nichts."

Diesen Ruf hat sich das Christentum wohl selbst zuzuschreiben. Vieles, was die Kirchen in ihrer Geschichte gesagt haben, schmeckt moralinsauer, Genuss hatte oft einen anrüchigen Beigeschmack, Vergnügen wurde nicht selten mit Lasterhaftigkeit gleichgesetzt. Die protestantische Nüchternheit mit der starken Betonung des Wortes und der Abwertung all dessen, was vom Wort Gottes ablenkt, hat wohl auch dazu beigetragen, dass es heißt: Das Leben ist ein Heidenspaß, für Christen ist es nichts.

Schade eigentlich. Denn ich kann mir schwer vorstellen, dass Jesus nicht gelacht hätte. Im Johannesevangelium ist ausgerechnet die Wandlung von Wasser in Wein das erste seiner Wunder. Jesus sorgt dafür, dass weiter gefeiert werden kann. Und zumindest im Vergleich mit anderen Wanderpredigern, die asketisch gelebt haben, muss er eher auf der Seite der Genießer gewesen sein. Immerhin haben ihm seine Gegner vorgeworfen, ein Fresser und Weinsäufer zu sein.

Fröhlichkeit und ausgelassenes Feiern haben ihren Platz im Christentum. Und selbstverständlich auch Lachen und Humor. Karneval und Fasching sind kein Werk des Teufels, ganz im Gegenteil. Selbst wenn ich nicht allem, was im Fasching geschieht, etwas abgewinnen kann, so ist es doch gut, nicht immer alles so ernst zu nehmen. Es entspannt vieles, wenn ich mich einmal selbst nicht so wichtig nehme und wenn ich auf andere treffe, die dies ebenso tun. Dann verliert auch mancher Streit an Bedeutung.

Eines ist klar: Ich kann die Probleme, das Leid und die Katastrophen in der Welt nicht weglachen. Aber Humor hat eine ganz wichtige Funktion: Er lässt durchblicken, dass es über das Schwere im Leben und über die Katastrophen in der Welt hinaus noch etwas anderes gibt. Genau das ist aber christlicher Glaube: Hinter der Wirklichkeit, die manchmal düster ist, eine andere, nämlich Gottes Wirklichkeit zu sehen, die voller Hoffnung für die Zukunft ist. Der Satz: Humor ist, wenn man trotzdem lacht, meint im Grunde nichts anderes: Lachen relativiert die Wirklichkeit.

So wünsche ich Ihnen fröhliche und ausgelassene Faschingstage. Tage, an denen deutlich wird, dass es außer den alltäglichen Problemen und Sorgen noch so viel mehr gibt, das ein Leben in Fülle ausmacht.

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