Gedanken für den Tag

von Johanna Schwanberg, Kunstwissenschafterin und Direktorin des Wiener Dommuseums. "Visionär mittels Pinsel und Farbe" - Zum 400. Todestag von El Greco. Gestaltung: Alexandra Mantler

El Greco ist einer der widersprüchlichsten Charaktere der Kunstgeschichte. Und genau deshalb faszinierend. Allzu viel ist nicht über seinen Lebensweg bekannt. Aber es lässt sich so Manches aus seiner Kunst, aus seinen Aufträgen und seinen wechselnden Lebensorten herauslesen. Dass El Greco einer war, der stets aneckte spiegeln neun dokumentierte Rechtsstreite, die von ihm oder seinen Auftraggebern eingeleitet wurden. Darin geht es um unterschiedliche Auffassungen, was die Darstellung eines religiösen Themas oder einer Heiligenfigur betrifft. Aber auch um Differenzen bezüglich des Preises seiner Bilder oder der verwendeten Technik.

Spannend ist bis heute, wie der Maler es schaffte, trotz Kritik an seiner revolutionären Malerei große kirchliche Auftragsarbeiten zu bekommen.

El Greco musste zeitlebens die Balance zwischen den eigenen Vorstellungen und den Vorgaben seiner Auftraggeber suchen. Er trotzte den Erwartungshaltungen der anderen und blieb dennoch ständig am Ball. Das gefällt mir. Denn das ist ein Aspekt, der auch heute noch zu den großen Herausforderungen des beruflichen und privaten Alltags gehört. Ständig offen und im Dialog zu bleiben und dennoch nicht das Eigene aus den Augen zu verlieren.

Um ein Ringen, um einen inneren und äußeren Kampf geht es auch in einem seiner legendärsten Bilder: Der "Laokoon-Darstellung", die heute in der National Gallery of Art in Washington hängt. Es ist die einzige noch erhaltene Interpretation eines mythologischen Themas von El Greco und entstand zwischen 1610 und 1614. Der Künstler hat hier den griechischen Mythos vom trojanischen Priester "Laokoon" gemalt, der seine Landsleute als einziger davor warnte, das Trojanische Pferd anzunehmen. Er wurde darauf von den Göttern bestraft, die ihm und seinen Söhnen todbringende Schlangen schickten.

El Greco hat dieses antike Thema zu seinem eigenen gemacht. So verlegt er das Geschehen vor die Kulisse einer Stadt, die an seine Wahlheimat Toledo erinnert. Und er stellt den einsamen Kampf des hellsichtigen Priesters als zutiefst persönliches Thema dar, in das er all seine eigenen Kämpfe hineinlegte.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Laurie Johnson
Gesamttitel: A History Of War And Peace
Untertitel: Music Of The Renaissance
* Lord Watkyn's Daunce
Ausführende: Regimental Band Of The Coldstream Guards
Ausführende: Kneller Hall State Trumpeters
Länge: 02:00 min
Label: KPM 150 CD

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