Gedanken

6. April 2015, 14:05

2014 wurde Ruth Beckermann für ihren Dokumentarfilm "Those who go Those who stay" - mit dem Großen Diagonale-Preis ausgezeichnet. Dieser Film setzte sich mit der Migration - dem erzwungenen und freiwilligen Unterwegssein - als ewigem und zugleich hochaktuellen Phänomen unserer Welt auseinander. Seit 12.März ist ihr aktuelles Projekt "The Missing Image" eine Installation auf dem Albertinaplatz, die sich auf die von Alfred Hrdlicka geschaffene Bronzefigur bezieht. Sie stellt einen am Boden liegenden straßenwaschenden Juden dar. Dieser Figur fügt Ruth Beckermann aus dem Material eines erst kürzlich in Archiven gefundenen Films die fehlenden Bilder der lachenden Zuseher hinzu: Mit scharfer Lauge und Bürsten, manchmal auch mit Zahnbürsten, mussten Juden die Symbole und Parolen des Ständestaates vom Gehsteig waschen. "Reibepartie" nannte man diese von den Wiener Antisemiten erfundenen Aktionen. Durch die Installation "The Missing Link", also die Verbindung der Filmszenen mit dem Mahnmal, treffen sie nun aufeinander: Die Bronzefigur des Opfers, die in einer Zweikanal-Inszenierung auf LED-Screens projizierten historischen Täter und die realen Passanten.

Schon ein Jahr nach Abschluss ihres Studium in Wien gründete Ruth Beckermann mit Josef Aichholzer und Franz Grafl den Filmverleih filmladen, schrieb ihre ersten Filme und Bücher. Sie steht für politisches Kino und eine kompromisslose Reflexion von Geschichte und Gegenwart. Sie drehte Dokumentarfilme über die Arena-Besetzung im Jahr 1977, setzte sich mit der jüdischen Identität auseinander , versuchte der Kaiserin Elisabeth von Österreich durch einen unangepaßten Filmessay abseits der üblichen Klischees nahe zu kommen und unternahm mit der Kamera Ausflüge vor die eigene Haustüre, aber auch eine assoziative Reise durch die USA.
Viele ihrer Filme wie "Wien retour", "Die papierene Brücke", "Jenseits des Krieges" setzen sich häufig mit der Zeit des Nationalsozialismus auseinander und sind immer auch sehr persönliche Reflexionen über die Mechanismen der Verdrängung, der Ausgrenzung und des Vergessens. Es sind Filme, die eine Gegenwelt zu der üblichen Medienflut darstellen, von großer Kraft und Eindrücklichkeit.
Seit dem Jahr 2000 setzt sich Beckermann, die an der UIC Chicago, Universität Salzburg und der Hochschule für Angewandte Kunst Wien unterrichtete, auch mit Installationen auseinander. Für "europamemoria" - Erinnerungen Europas - in Graz , Wien und Paris präsentiert auf 25 Bildschirmen in 25 begehbaren Kabinen aus farbigem Filz, zeichnete sie Gespräche mit Menschen auf, die ihre Orte verließen, manche freiwillig, viele durch Kriege und Konflikte gezwungen. Die Ausstellung "Leben! - Juden nach 1945" die Ausstellung im Jüdischen Museum war 2008 dem heutigen jüdischen Leben in Wien auseinander.

Sendereihe

• Gedanken

Gestaltung

• Ursula Burkert