Gedanken für den Tag

von Ursula Baatz, Journalistin. "Herz, das in alle zehn Richtungen geht" - Zum 25. Todestag von Hugo Enomiya-Lassalle. Gestaltung: Alexandra Mantler

Über sein erstes Zen-Retreat schrieb der deutsche Jesuitenpater Hugo Makibi Enomiya-Lassalle:

"Anfang Februar 1943, mitten im Krieg, trat ich im Tempel des Ewigen Lichts, so könnte man Eimeiji übersetzen, als Exerzitant an. Übrigens war ich auf das Schlimmste gefasst. Denn abgesehen von der unangenehmen Sitzweise, hatte ich schon viel gehört und gelesen von der Strenge dieser Zen-Klöster."

Trotz schmerzender Knie war der Jesuit Hugo Lassalle von dieser Kostprobe intensiver Zen-Übung, Sesshin genannt, sehr beeindruckt. Er war kein enttäuschter christlicher Dissident. Im Gegenteil - als katholischer Missionar in Japan engagierte er sich ab den 1930er Jahren für ein japanisches Christentum, und Zen galt damals als das Herz der japanischen Kultur. Außerdem hatte er bemerkt, dass den japanischen Christen die europäische Art, mit vielen Worten zu beten, überhaupt nicht lag. In der Zen-Übung dagegen lässt man Worte und Begriffe hinter sich, ganz wie in der christlichen Mystik. Auch sah Lassalle, dass die spartanische Lebensweise der Zen-Mönche seiner eigenen Lebensweise als Jesuit sehr ähnlich war. Daraus schloss er, dass auch die Lebensziele ähnlich sein müssen. Beiden geht es um unvergängliche Glückseligkeit, nur sprechen die Buddhisten negativ von Nirvana oder Leere.

Dann fiel am 6. August 1945 die Atombombe auf Hiroshima. Dank der dicken Steinwände des Pfarrhauses überlebte Lassalle. Und die Gedächtniskirche, die man unter seiner Leitung nach Kriegsende errichtete, wurde am 6. August 1954 eingeweiht. Doch noch an diesem Abend teilte man ihm mit, dass nicht er der Pfarrer werden würde. So entschloss er sich 1956, unter der Führung eines bedeutenden Zen-Meisters, die Zen-Übung zu seinem Lebensinhalt zu machen - für den damals fast 60-Jährigen war das höchst strapaziös. Als er dann 1980 als erster Christ die Erlaubnis erhielt, selbst Zen zu lehren, schrieb Pater Lassalle:
"Anfangs waren Christentum und Zen wie zwei Parallelen, das heißt, ich blieb dem Christentum treu, doch im Zen folgte ich den Anweisungen der Meister. Aber mit der Zeit wurde aus diesen beiden Linien eine einzige - das geschah einfach. Wenigstens für mich selbst gibt es keinen Widerspruch, ob man das nun glaubt oder nicht."

Service

Ursula Baatz

Buch, Hugo M. Enomiya-Lassalle, "Kraft aus dem Schweigen. Einübung in die Zen-Meditation", Patmos Verlag
Buch, Hugo M. Enomiya-Lassalle, "Zen-Unterweisung", Kösel Verlag
Buch, Hugo M. Enomiya-Lassalle, "Mein Weg zum Zen", Kösel Verlag
Buch, Ursula Baatz, "Hugo M. Enomiya-Lassalle, Jesuit und Zen-Meister", Herder Verlag

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Sendereihe

Playlist

Komponist/Komponistin: Pöl Brennan
Komponist/Komponistin: Joji Hirota
Komponist/Komponistin: Guo Yue
Album: TRISAN
Titel: Mother and son/instr.
Ausführende: Trisan /Instrumental
Solist/Solistin: Guo Yue /Bambusflöte
Solist/Solistin: Joji Hirota /Percussion, Shakuhachi
Solist/Solistin: Pöl Brennan /Keyboards, Tin whistle
Länge: 02:00 min
Label: REALWORLD 7865662

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