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Siegervater - Besatzungskind. Gitta ist eines von rund 20.000 in Österreich lebenden "Besatzungskindern", geboren als Kind einer Österreicherin und eines Soldaten der Alliierten. Das Feature dokumentiert ihre Suche nach den väterlichen Wurzeln. Von Isabelle Engels

"Da kamt Ihr nun im Jahr 1945, gut genährt, sauber, selbstbewusst, in Siegerpose, mit euch konnte man die neuen Tänze tanzen, Sehnsüchte konnten gestillt werden, endlich!", schreibt die 67-jährige Gitta Rupp in einem Brief an ihren unbekannten Vater - einen britischen Besatzungssoldaten. Und stellvertretend für all die anderen Schicksalsgenoss/innen fragt sie: "Erzählt ihr Euren britischen, amerikanischen, französischen und russischen Ehefrauen - oder euren "offiziellen Kindern" - von den Töchtern und Söhnen, die Ihr hier gezeugt und oft im ersten Lebensjahr noch erlebt habt? ... Ich vermute fast, dass ich - deine Tochter - für dich mehr als tot bin, nämlich gar nicht existiert habe".

Dieser Brief erschien in der Tageszeitung "Der Standard" im Jahr 1995, 50 Jahre nach der Befreiung Österreichs. Der Artikel trug maßgeblich dazu bei, das verschwiegene Thema "Besatzungskinder" - das "Strandgut des Krieges", wie Gitta es nennt - öffentlich zu machen.

In Österreich leben ca. 20.000 "Besatzungskinder", hervorgegangen aus sexuellen Begegnungen von einheimischen Frauen mit den Soldaten der Alliierten - durch Vergewaltigung oder Prostitution, aber auch durch Gelegenheitsbeziehungen bis hin zu romantischen Liebesaffären.

Ihre Eltern Paula und Paul waren ineinander verliebt, davon ist Gitta Rupp überzeugt. Doch ihr Vater, ein britischer Offizier, verließ Graz, als sie noch ein Baby war. Anspielungen, mit denen sie nichts anfangen konnte, begleiteten ihre schwierige Kindheit. Erst mit 10 Jahren erfuhr sie offiziell, dass ihr Vater Besatzungssoldat war. Es begann eine Suche nach ihren väterlichen Wurzeln. Eine Suche, die bis heute andauert - gekennzeichnet durch Hoffnungen, existenzielle Verunsicherung, mutige Schritte, Rückschläge sowie neue Erkenntnisse und Beziehungen.

Redaktion: Elisabeth Stratka
Ton: Anna Kuncio

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