Gedanken für den Tag

2. August 2016, 06:56

Rituale und Vergabepraktiken

Im klassischen Griechenland brannte im heiligen Hain von Olympia ständig ein heiliges Feuer. Denn die Olympischen Spiele waren zunächst religiöse Feste. Alles hatte seine feste Ordnung und lief nach bestimmten Ritualen ab. Auch die modernen Spiele haben ihre Liturgie, ihre fixen Gepflogenheiten entwickelt. Vor allem die Zeremonien zu Beginn und am Ende der Spiele erinnern stark an religiöse Feiern: das Feuer, das im Hain von Olympia entzündet und von dort an den Veranstaltungsort gebracht wird; das Erklingen der Olympiahymne; der Einmarsch der Teams ins Stadion; das Hereintragen der Olympiafahne; der Eid, sich als Sportler und Kampfrichter korrekt und fair zu verhalten.

Dass es mitunter eher korrupt als korrekt zugeht, wenn sportliche Großereignisse an bestimmte Länder vergeben werden, steht leider fest. Wie es dort um Menschenrechte oder Umweltschutz bestellt ist, findet anscheinend wenig Beachtung. Nach 120 Jahren sind die Olympischen Spiele der Neuzeit erstmals in Südamerika angekommen, in Rio de Janeiro in Brasilien. So positiv es ist, dass einmal ein Land der südlichen Hemisphäre die Spiele austrägt, so kritisch muss man auch sehen, dass damit soziale und ökologische Probleme verschärft werden. Wird es ein Fest der Reichen in einem Land mit großer Armut? Olympische Spiele kosten viel Geld, das gerade in Brasilien anderswo dringend gebraucht würde, und hinterlassen oft Sportstätten, die zu Ruinen verfallen, weil sie kaum mehr genutzt werden. Es wäre an der Zeit, dass Olympia das Prinzip Nachhaltigkeit stärker berücksichtigt.

Je heller und stärker das olympische Feuer, das effektvoll ins Stadion getragen wird, aufflammt, umso deutlicher werden auch die Schatten, die Olympia wirft, sichtbar.

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Sendereihe

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Gestaltung

• Alexandra Mantler