Gedanken für den Tag

2. September 2016, 06:56

Luthers dunkle Seiten

Martin Luther war nicht unfehlbar, sondern er war - ein Mensch. Ein Mensch, der eben mit allen Fasern seines Herzens an seine Mission als Erneuerer der Kirche geglaubt hat, dabei aber oft andere Menschen, die seine Erkenntnis nicht teilen wollten, zu Schaden gebracht hat.

Dazu gehören die Bauern, denen er zunächst Mut gemacht hat, ihre Leibeigenschaft abzuschütteln; dann hat er aber doch die blutige Niederwerfung ihrer Aufstände gebilligt, da diese gegen die gottgewollte Ordnung gerichtet seien.

Dazu gehören aber auch die Juden, die Luther zwar als das erstgeliebte Volk Gottes betrachtet hat - aber als er darüber enttäuscht war, dass gerade dieses Volk Jesus Christus nicht als den lang erwarteten Messias anerkennen wollte, hat er sogar zur Verbrennung ihrer Synagogen aufgerufen.

Und wie hat er es mit dem Islam gehalten? Luther bewunderte zwar die religiöse Ordnung und die Sittsamkeit der muslimischen Lebensweise, forderte aber doch zum Kampf gegen die Anhänger Mohammeds als den - in seinen Augen - größten Feinden der christlichen Kirche auf.

Und was seine eigene Kirche betrifft: Luther wollte unter keinen Umständen eine Spaltung, er verwahrte sich auch mit Nachdruck dagegen, dass sich seine Anhänger am Ende gar als "Lutheraner" bezeichnen. Und doch ist es zur Spaltung gekommen, zu blutigen Kriegen von Christen gegen Christen - letztlich wegen der Frage nach der Gnade Gottes.

Erst am 31. Oktober 1999 haben sich die katholische und die evangelische Kirche auf eine gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre geeinigt. In dieser steht: "Als Sünder steht der Mensch unter dem Gericht Gottes und ist unfähig, sich von sich aus Gott um Rettung zuzuwenden. Rechtfertigung geschieht allein aus Gnade."

Und ich bin überzeugt: die Gnade Gottes ist ein Geschenk. Ich kann sie mir nicht verdienen. Gerade das aber gibt mir das schöne Gefühl, ein freier Mensch zu sein.

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Sendereihe

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Gestaltung

• Alexandra Mantler