Gedanken für den Tag

9. September 2016, 06:56

Die Geschichte von Mirela

Bei einem Besuch bei Concordia in Moldau besuche ich die Ortschaft Tudora. Dort steht - nahe der ukrainischen Grenze - eines der zehn Sozialzentren von Concordia.

Die Leiterin Veronica führt uns zu einer Familie. Der Vater ist Taglöhner und kümmert sich um seine drei Kinder. Die Mutter hat mit ihrem neuen Freund die Familie verlassen. Die kleineren Geschwister - Pavel ist acht, Mirela ist vier - kommen in den Garten. Mirela streckt mir vier Finger entgegen, ohne Lächeln, vorsichtig, schüchtern. Sie hat so ein puppenhaftes Gesichtchen, eingerahmt von einer warmen Mütze, und ihr Blick ist so voll unerfüllter Sehnsucht und stiller Verzweiflung, dass man sie am liebsten in die Arme nehmen möchte.

Das Leid der Kinder tut unendlich weh. Es ist die Arbeit von Concordia, dieses Leid zu lindern. Sich jeden Tag und jede Minute einzulassen. Natürlich kann auch Concordia der kleinen Mirela die Mutter nicht zurückbringen. Aber wir können den Vater und die Brüder unterstützen, gut für sie zu sorgen. Mit Brennholz, mit Essen, mit Hilfe bei der Arbeitssuche. Oder bloß mit offenem Ohr und offenem Herzen zuhören.

Als wir die Familie wieder verlassen, möchten wir am liebsten losziehen, die Mutter suchen und sie der kleinen Mirela zurückbringen. Warum hat sie nicht wenigstens das kleine Mädchen mitgenommen? Beim Gehen beobachten wir eine berührende Szene. Pavel und Mirela gehen aus dem Garten, um Freunde zu besuchen, eine große Wasserlache ist ihnen im Weg. Pavel hebt die Schwester hoch und trägt sie über die Pfütze. Dann gehen sie Hand in Hand weiter. Mirela und ihr Bruder haben einander. Ihr Vater ist bei den Kindern geblieben und nicht davongerannt. Die familiären Bindungen sind trotz vieler Widrigkeiten das tragende Fundament. Wir bleiben mit der Familie in Kontakt.

Service

CONCORDIA Sozialprojekte

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Sendereihe

• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler