Dimensionen - die Welt der Wissenschaft

"Die Weißen denken zu viel".
Zum 100. Geburtstag des Ethnopsychoanalytikers Paul Parin.
Eine Erinnerung von Martin Haidinger

Er war der Schöpfer der "Ethnopsychoanalyse": Paul Parin, geboren am 20. September 1916 im damals zu Österreich-Ungarn gehörenden slowenischen Polzela. Zunächst schlug der Großbürgersohn aus jüdischem Hause eine klassische medizinische Karriere als Chirurg ein. Sein politisches Engagement führte ihn 1944 an die Seite jugoslawischer Partisanen. Bald wechselte Parin das Fach und wurde Neurologe. Als Psychoanalytiker mit Sitz in Zürich widmete er sich den Anwendungsmöglichkeiten der europäischen und nordamerikanischen Psychoanalyse auf andere Völker. "Die Weißen denken zu viel" hieß die bahnbrechende Forschungsarbeit, die er gemeinsam mit seiner Frau Goldy 1963 nach ausgedehnten Feldforschungen in Westafrika veröffentlichte. Gemeinsam mit seinem Schweizer Kollegen Fritz Morgenthaler entwickelte Parin die Ethnopsychoanalyse, die bis heute fächerübergreifend auf teilnehmende Beobachtung setzt und die Forschung von ethnozentristischen Tendenzen befreien will. Die Empathie des tätigen Wissenschaftlers wird dabei nicht ausgeblendet, sondern in den Forschungsprozess mit einbezogen. Nicht zuletzt bei der Analyse aktueller Migrantenschicksale kommt der Ethnopsychoanalyse heute eine große Bedeutung zu.

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