Privatweg

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Besitzstörungs-Abzocke

Autofahrer könnten Geld zurückbekommen

Autofahrerinnen und Autofahrer werden in ganz Österreich seit Jahren kräftig zur Kasse gebeten: In Abmahnbriefen wird ihnen vorgeworfen, sie hätten auf Privatgrund gewendet oder wären über einen Privatparkplatz gefahren. Daher sollen sie innerhalb weniger Tage knapp 400 Euro bezahlen, in manchen Fällen auch deutlich mehr, andernfalls drohe eine Klage wegen Besitzstörung. Die Briefe kommen von spezialisierten Unternehmen, eines davon positionierte sich besonders prominent und mit provokantem Namen: Zupf Di. Konsumentenschützer und Verkehrsjuristen kritisieren das Vorgehen schon lange als reine Geschäftemacherei.

Im März hat nun der Oberste Gerichtshof dieses Geschäftsmodell für unzulässig erklärt. Konsumentenschützer sehen nun gute Chancen, dass bereits gezahlte Beträge zurückgefordert werden. Beim Verein für Konsumenteninformation (VKI) prüft man eine entsprechende Musterklage.

Doch so schnell gibt sich Zupf Di nicht geschlagen. Auch die Firma hat auf das OGH-Urteil reagiert, sie hat Partneranwälte ins Boot geholt und schickt weiterhin Abmahnbriefe - auf zweifelhafter Rechtsgrundlage. Außerdem wurde der Firmensitz kurzerhand nach Großbritannien verlegt. EU-Recht gilt dort nicht, was Zupf Di rechtlich schwerer greifbar macht und somit auch die Rechtsdurchsetzung von Konsumenteninteressen deutlich erschwert. Und: Der bis vor kurzem noch ausgesprochen auskunftswillige Firmenchef lässt Interviewanfragen neuerdings unbeantwortet.

Auch den Verkehrssprechern der Parteien im Nationalrat ist das Problem bekannt. Auf Nachfrage der Ö1-Help-Redaktion erklärte die SPÖ, man werde das Problem per Entschließungsantrag im Justizausschuss thematisieren und die Bundesministerin für Justiz auffordern, dem Nationalrat einen Gesetzentwurf vorzulegen, um diesen Missbrauch des Besitzschutzes abzustellen. Die ÖVP erklärte, der Schutz von Privateigentum müsse erhalten, Missbrauch möglichst verhindert und die Integrität des Besitzschutzes gewahrt bleiben. Auch die Grünen sprechen sich dagegen aus, dass Besitzstörungsklagen als Geschäftsmodell missbraucht werden und eine bewusste Irreführung von Lenkerinnen und Lenkern erfolgt. NEOS könnte sich eine Sonderregelung vorstellen, dass vor einer Besitzstörungsklage eine Art "Pönale" in gesetzlich geregelter Höhe verlangt werden muss und kündigten an, Mitte Mai einen dahingehenden Antrag einzubringen. Bei der FPÖ sieht man ebenfalls eine Ergänzung der aktuellen Gesetzesregelung nötig, und fordert die Bundesregierung zum Handeln auf.

Im Justizministerium steht laut eigenen Angaben im Zusammenhang mit dem Thema "Besitzstörung" laufend im Austausch mit Vertreterinnen und Vertretern der Praxis. Einer möglichen Sonderregelung für Besitzstörungsklagen verschließe man sich nicht, es müsse jedoch verhindert werden, dass sich die Praktiken in Zukunft auf andere Rechtswege verlagern.

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  • Matthias Däuble
  • Beate Macura