Gedanken für den Tag

Kindheit in Wien um 1960

von Wolfgang Müller-Funk, Literaturwissenschaftler

In sechs Gedankentableaus umkreist der Kulturwissenschaftler und Essayist Wolfgang Müller-Funk das Thema Heimat und seine Verbindung mit dem Prozess des Erinnerns, ohne den Heimat undenkbar ist. Ort des Geschehens ist der zweite Wiener Gemeindebezirk, die Leopoldstadt, in der der Autor einen kleinen, aber wichtigen Teil seiner Kindheit verbracht hat. Es ist ein Spaziergang auf zwei Zeitebenen: Während er als Großvater seine jüngere Enkelin mit dem Kinderwagen durch die vergessenen und zugleich vertrauten Gassen der Leopoldstadt schiebt, melden sich Erinnerungen aus seiner eigenen Kindheit zurück, als der Enkel mit dem Großvater an der Hand die Stadt und das Staunen entdeckte. Die doppelte Zeit - damals und heute - gestattet es, alte Orte zu entdecken, aber auch Dinge und Menschen in Augenschein zu nehmen, die verschwunden sind, wie die Ruinen des Nordwestbahnhofs, der jüdische Pazmanitentempel oder der 24er-Wagen, der dereinst zum Gänsehäufel, Wiens prominentestem Freibad führte. Selbstbewusste Tanten oder die Gestalt eines berühmten Freistilringers, des Nachbarn des Großvaters im Miethaus der kleinen unscheinbaren Gasse in der Nähe des Pratersterns, tauchen aus dem Meer des Vergessens auf.

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