styriarte 2012 - Matinee
Chamber Orchestra of Europe, Dirigent: Nikolaus Harnoncourt; Arnold Schoenberg Chor; Luba Orgonásová, Sopran; Elisabeth Kulman, Mezzosopran; Saimir Pirgu, Tenor; Ruben Drole, Bass.
Antonin Dvorák: Stabat mater, op. 58 (aufgenommen am 1. Juli im Stefaniensaal in Graz in Dolby Digital 5.1 Surround Sound). Präsentation: Franz Josef Kerstinger
15. Juli 2012, 11:03
"Traurige Familiengeschichten"
Die größte Katastrophe für Eltern bedeutet es, wenn sie eines ihrer Kinder zu Grabe tragen müssen. In der jungen Familie des Antonín Dvorák hat das Schicksal gleich dreifach zugeschlagen: Zuerst stirbt die neugeborene Tochter Josefa, zwei jahre später vergiftet sich die einjährige Ruzena mit einem Glas Phosphor, und schließlich stirbt auch noch der dreijährige Otakar an Pocken.
Kein Wunder, dass sich der Komponist an seine "Stabat-mater"-Komposition erinnert, geht es da doch um eine Mutter, die mit ansehen muss, wie ihr Sohn am Kreuz stirbt. Dvorák überarbeitet und erweitert seine Komposition.
Es ist eine der traurigen Familiengeschichten, die die Styriarte heuer ihrem Publikum präsentiert, mit Nikolaus Harnoncourt als Erzähler.
"Musik mit böhmischen Wurzeln"
Für Nikolaus Harnoncourt zeigt sich in Dvoráks wunderbarer "Stabat-mater"-Vertonung ein junger Komponist, der "überströmt ist, von musikalischen Einfällen". Der Dirigent macht drei Bilder aus, die Dvorák vermittelt: "Das Erschrecken einer Mutter, die die Folterung ihres Sohnes miterlebt. Der Gefolterte wird geschildert, die Mutter wird geschildert - und dann kommt es zu einem Sprung mit der Frage: Was bedeutet das für mich?"
Die böhmischen Wurzeln sind für Harnoncourt unüberhörbar. Im Hintergrund tanzt Böhmen in den unterschiedlichsten Taktarten. "Tanz muss nicht immer etwas Heiteres bedeuten. Tanz ist die körperliche Reaktion eines Gefühls."
"Biographie und Werk"
Harnoncourt verwahrt sich gegen die Verquickung von Biographie und kompositorischer Aussage. "Der Komponist erzählt uns in den Werken nicht seine Biographie."
Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Schicksalsschlägen Dvoráks und der Wiederbeschäftigung mit dem Vokalwerk lässt sich nicht nachweisen, so Harnoncourt. "Ich kann mir aber vorstellen, dass Dvorák das fertige Werk - eine Komposition für Stimmen und ein Tasteninstrument - durch den familiären Schock und die Verzweiflung wieder hervorgeholt hat, um sich damit zu beschäftigen." Dann hat er daraus das große Oratorium geschaffen.
"Seine böhmischen Wurzeln"
Mit Dvoráks "Stabat mater" setzt Harnoncourt die Linie der Beschäftigung mit Werken aus Böhmen und Mähren fort. Nach dem Zyklus "Ma vlast" von Bedrich Smetana und der Oper "Die verkaufte Braut" im Vorjahr, ist es heuer das große Dvoráksche Oratorium, das Harnoncourts Affinität zum Böhmischen offenbart. Denn: So wie beinahe jeder Österreicher, so Nikolaus Harnoncourt, habe auch er böhmische Wurzeln. Wurde doch sein Großvater in Prag geboren. Sein Vater zwar in Wien, dieser habe aber seine Ferien immer in Böhmen verbracht.
Service
Diese Sendung wird in Dolby Digital 5.1 Surround Sound übertragen. Die volle Surround-Qualität erleben Sie, wenn Sie Ö1 unter "OE1DD" über einen digitalen Satelliten-Receiver und eine mehrkanalfähige Audioanlage hören.
Sendereihe
Playlist
Komponist/Komponistin: Antonin Dvorak/1841 - 1904
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Anonymus/13. Jh.
Titel: Stabat mater, op. 58
Untertitel: für Soli, gemischten Chor und Orchester
* I. Quartetto e coro "Stabat Mater dolorosa" <2> (00:19:37)
* II. Quartetto "Quis est homo": Andante sostenuto <3> (00:11:44)
* III. Coro "Eja mater, fons amoris": Andante con moto <4> (00:07:06)
* IV. Bass-Solo e coro "Fac, ut ardeat cor meum": Largo <5> (00:09:50)
* V. Coro "Tui nati vulnerati": Andante con moto, quasi allegretto <6> (00:06:02)
* VI. Tenor-Solo e coro "Fac me vere tecum flere": Andante con moto <7> (00:08:25)
* VII. Coro "Virgo virginum præclara": Largo <8> (00:06:50)
* VIII. Duo "Fac, ut portem Christi mortem": Larghetto <9> (00:06:04)
* XI. Alt-Solo "Inflammatus et accensus": Andante maestoso <10> (00:06:37)
* X. Quartetto e coro "Quando corpus morietur": Andante con moto <11> (00:07:47)
Solist/Solistin: Luba Orgonasova /Sopran
Solist/Solistin: Elisabeth Kulman /Mezzosopran
Solist/Solistin: Saimir Pirgu /Tenor
Solist/Solistin: Ruben Drole /Bass
Chor: Arnold Schoenberg - Chor
Choreinstudierung: Erwin Ortner /Künstlerischer Leiter
Orchester: Chamber Orchestra of Europe
Leitung: Nikolaus Harnoncourt
Länge: 91:28 min
Label: Breitkopf