Nachtquartier
Punk, Pathos, Byzanz. Autor und Filmemacher Ondrej Cikan zu Gast bei Kristin Gruber. Anrufe kostenlos aus ganz Österreich unter 0800 22 69 79, Mails an nachtquartier(at)orf.at.
17. Juni 2016, 00:05
"Menandros und Thaïs" ist ein tschechisch-österreichischer, surrealistischer Sandalenfilm, eine moderne Tragödie, sagt Ondrej Cikan, eigentlich Autor, aber mittlerweile auch Drehbuchautor und Filmemacher. 2011 veröffentlichte er den Roman, der die Vorlage zum Film lieferte, und auch in diesem Jahr beschloss er mit seinem Freund, dem Bühnenbildner Antonin Silar, einen Spielfilm daraus zu machen, so einfach und billig wie möglich.
3 ½ Jahre haben die Dreharbeiten gedauert, 1 ½ Jahre der Schnitt, 300 Menschen haben sich von vorne herein ohne Aussicht auf Gage daran beteiligt, mitten drin ging das Geld aus und Förderungen gab es in den ersten Jahren keine, denn wer gibt einem Erstlingsteam Geld, das weder eine Produktionsfirma noch nennenswerte Erfahrung im Filmemachen vorweisen kann? An einem kritischen finanziellen Nullpunkt erschien allerdings ein so genannter Executive Producer:
"Man hat mir erklärt, es ist üblich, dass Leute, die Geld geben, aber nichts machen, Executive Producer heißen." Außerdem kam eine Kooperation mit der Filmakademie in Prag zustande, letztlich auch eine Förderung vom Tschechischen Staatsfond für Kinematografie und jetzt läuft der Film im Kino.
Mit Kristin Gruber spricht Ondrej Cikan zum Beispiel darüber, warum der ganze Film erst im Nachhinein vertont wurde und die Lippensynchronisation teilweise mit Absicht zerstört wurde, sodass die ProtagonistInnen wie in legendären Italo-Western im Bild etwas anderes sprechen als sie in der Vertonung sagen. Die Körpergeräusche der Sexszenen wurden übrigens mit einem rohen, toten Hendl erzeugt. Lebende Tiere im Film: Eine orange Schlange, zwei Raben, Pferde, viele Kaninchen.
Ondrej Cikan studierte Gräzistik, sprich Altgriechische Philologie, und spezialisierte sich auf Byzantinistik. 2002 gründete er Die Gruppe, "die sich den Errungenschaften des Surrealismus und des tschechischen Poetismus verbunden fühlt", und aus der der Verein zur Unterstützung märchenhaften Theaters entstanden ist. Fragt sich, ob Österreich nicht ein hartes Pflaster für KünstlerInnen ist, die Pathos, Punk und Märchen mögen. Fragt sich auch, warum in einer modernen Tragödie die Frauen hauptsächlich nackt daher kommen und die Männer in Rüstung.
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Service
Menandros und Thaïs
Die Gruppe
Menandros und Thaïs im Labor Verlag