Gedanken für den Tag

1. Dezember 2016, 06:56

Es ist geradezu ein lächerliches Stereotyp - der gehetzte Familienvater, der am 23. und/oder 24. Dezember schweißbedeckt durch die Geschäftsstraßen rennt und an sich rafft, was er glaubt, seinen Lieben zu schulden. In der Parfümerie ein Lieblingsduft (wenn er sich richtig erinnert), und "ja bitte schön einpacken" . Im Wäschegeschäft, hin- und hergerissen zwischen Dessouswerbung und "was Praktischem für meine Frau" fällt der dezente Tipp für Geschenkmünzen gerne in offene Ohren; für die Kinder Bücher von der Bestsellerliste - oder gleich die geldwerten Gutscheine. Für die Oma noch schnell ein 4711 und für den Hund einen Kauknochen. All die dezenten Hinweise der letzten Wochen - weggeblasen; der "in diesem Jahr mach ich's anders" so vor - wie fürsorglich angelegte Notizzettel - unauffindbar. Aber was soll man machen, Weihnachten ist ein Fest der Wunscherfüllung und der Advent ist auf einen Tag zusammengeschrumpft. Her mit der Labung vom Punschstand ...

Aber wer bin ich, dass ich den Stein würfe? Schließlich bin ich selbst auch schon unentspannt durch Läden geirrt, mit dem einen Auge auf der Uhr, mit dem anderen auf dem Parkschein, damit sich ja noch alles irgendwie ausgehen möge.

Ich will hier ja nicht der biedermeierlichen Idylle des gemeinsamen Strohsternebastelns das Wort reden. Aber es gab eine Zeit - und nicht in grauer Vergangenheit -, da war der Weihnachtsmarkt nicht ein ganzes Adventdorf, sondern eine so schlichte wie sinnliche Ansammlung von Ständen und Hütten, aus denen es duftete und raschelte, lockte und geheimniste. Wo das Staunen daheim war und auch die sentimentale Erinnerung. Weihnachtliche Musik erklang und vielleicht knirschte sogar der Schnee. Vorfreude war das Zauberwort. Advent eben ... Wenn früher alles besser war, frage ich mich selbst, warum mache ich es nicht wie früher?

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Sendereihe

• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler