Fekter: "kindergerechte" Hafträumlichkeiten

Humanitärer Aufenthalt: "Eindruck der Willkür"

Familie Komani wird heute Nachmittag in den Kosovo abgeschoben. Die Mutter liegt nach wie vor im Krankenhaus und wird bis auf weiteres in Österreich bleiben. Die Tatsache, dass die als gut integriert beschriebene Familie keinen humanitären Aufenthalt bekommt, sorgt jetzt wieder für scharfe Kritik an dieser Regelung. Die Entscheidungen scheinen willkürlich, so Kritiker.

Mittagsjournal, 07.10.2010

Schwerer Zugang zu humanitärem Aufenthalt

Sie leben seit Jahren in Österreich, sprechen gut Deutsch, erhalten sich selbst, sind gut integriert und nie mit dem Gesetz in Konflikt gekommen: Und dennoch ist der humanitäre Aufenthalt für viele unerreichbar. Dabei bekommt humanitären Aufenthalt offiziell dann jemand, der genau diese Voraussetzungen erfüllt.

"Eindruck der Willkür"

Die Kritik daran: diese Kriterien sind schwammig definiert, es hängt alles an einer Behörde, und die kann jederzeit Nein sagen, kritisiert Rechtsanwalt Georg Bürstmayr: "Das ist die Sicherheitsdirektion, die in diesen Bleiberechtsverfahren eine ganz zentrale Rolle spielt und letztendlich bindend für alle im stillen Kämmerchen entscheidet. Es gibt ganz ähnliche Sachverhalte, wo einmal mit ja und einmal mit nein entschieden wird. Man bekommt den Eindruck der Willkür."

Zahlreiche Fälle

Auch die Sprecherin der Plattform der Bürgerinitiativen für gut integrierte Asylwerber Gertraud Jahn kritisiert, wie das Gesetz exekutiert wird: "Wir haben jetzt in Oberösterreich drei oder vier Familien, die seit acht oder neun Jahren da sind. Diese haben immer gearbeitet oder arbeiten noch. Zudem haben sie die freiwillige Integrationsvereinbarung unterschrieben und stehen trotzdem unmittelbar vor der Abschiebung."

Kritikpunkte wieder im Gesetz

Die Regelung des humanitären Aufenthalts ist rechtsstaatlich sehr problematisch, kritisiert auch Verfassungsexperte Theo Öhlinger: "Man wollte einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Rechnung tragen, was aber nicht wirklich gelungen ist. Die Kritikpunkte an der alten Regelung sind in der neuen Regelung wieder drinnen: Der Betroffene hat keine subjektive, allenfalls gerichtlich durchsetzbar Rechte."

Abschiebung trotz laufendem Verfahren

Was dazu kommt: Jemand, der einen Antrag auf humanitären Aufenthalt stellt, kann abgeschoben werden, auch wenn über den Antrag noch gar nicht entschieden ist. Solche Fälle gebe es viele, sagt Gertraud Jahn: "Das war ein junger Nigerianer, der seit acht oder neun Jahre hier war und mit einer Frau hier einen Sohn hat. Er wurde während des laufenden Verfahrens abgeschoben. Die Argumentation war, dass er Verwaltungsstrafen begangen hat. Das war einmal Fahrradfahren ohne Licht um 36 Euro und einmal zu schnell fahren um 20 Euro."

Rechtsanspruch auf humanitären Aufenthalt

Auch diese Bestimmung das hält Verfassungsexperte Theo Öhlinger für bedenklich: "Das ist gesetzlich so möglich, aber rechtsstaatlich überaus fragwürdig. Ohne Prüfung, zweifle ich an der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung." Es müsse einen Rechtsanspruch auf humanitären Aufenthalt geben, fordern Experten. Damit Menschen, die schon lange in Österreich leben und kein Recht auf Asyl haben, zumindest eine Chance bekommen.

Mittagsjournal, 07.10.2010

Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) zu Abschiebungen

2.300 Fälle

Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) sagt, dass es über 2.300 Fälle gebe, wo humanitärer Aufenthalt gegeben wurde. Zu Einzelfällen, wie dem kosovarischen Vater und seinen Zwillingen, äußere sie sich nicht.

"Kindergerechte" Haft?

Eltern und Kinder in Schubhaft? Ja, das gebe es, so Fekter. Man wolle "familiengerecht" vorgehen und es gebe in der Haft eigene "kindergerechte" Räumlichkeiten. Nur, schließt Fekter an, die freiwillige Ausreise der Familie wäre humaner gewesen.

Beratungen "inszenieren" Fälle

Fekter spricht von inszenierten Fällen. Sie gehe immer rechtsstaatlich und korrekt vor. Sie "rate" den Familien und der Beratungsinfrastruktur, die Familien missbräuchlich in Geiselhaft nehmen würden, den Weg der freiwilligen Ausreise zu wählen. Einen legalen Weg der Einreise zu wählen, sei korrekter.