Kritik an Koalitionspartner

Jarolim: Justizskandal Tierschützerprozess

Als Justizskandal bewertet SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim die Vorgänge im Wiener Neustädter Tierschützerprozess. Und den Jugend-Strafvollzug sieht er angesichts einer Vielzahl von sexuellen Übergriffen in Jugendgefängnissen ins Mittelalter zurückgekehrt. Ziel seiner Kritik: die Regierungsmitglieder Bandion-Ortner und Fekter, beide ÖVP.

Mittagsjournal, 17.12.2010

Jarolim: Verfahren einstellen

Beim Wiener Neustädter Tierschützer-Prozess fehle es an Beweisen, hier werde und wurde skandalös vorgegangen, sagt SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim. Es sei unverhältnismäßig, das würden auch ÖVP-Mitglieder hinter vorgehaltener Hand sagen.

Die Betroffenen würden durch den überlangen Prozess sozial ausgegrenzt und würden im Falle eines Freispruchs nur einen Bruchteil ihrer immensen Anwaltskosten ersetzt bekommen. Justizministerin Bandion-Ortner solle das Verfahren einstellen.

Anti-Terror-Paragraf soll hingebogen werden

Jarolim hält es für möglich, dass das Justizministerium sogar ausdrücklich der Wiener Neustädter Staatsanwaltschaft die Weisung erteilt hat, Anklage zu erheben. Jedenfalls: Die Justizministerin sei oberste Anklägerin, sie solle sich die Akten kommen lassen, nach genauem Studium werde sie dann wohl zum Schluss kommen, dass die Anklage ohne Substanz ist. Dann müsse sie, und sei es durch eine Weisung an die lokale Staatsanwaltschaft, dafür sorgen, dass die Anklage zurückgezogen wird.

Abgeordneter Jarolim will sich heute weder einen Seitenhieb auf die Richterin verkneifen: sie sei kein Leuchtzeichen der Justiz, noch auf die Staatsanwaltschaft: die wolle nach Meinung Jarolims einen Anti-Mafia-und Anti-Terror-Paragrafen völlig gegen die Intention des Gesetzgebers zu einem Anti-Tierschützer-Paragrafen hinbiegen. Wiener Neustadt sei ein Hort des Obskuren im Justibereich.

Skandal im Jugendgefängnis

Nicht nur die von der ÖVP in die Regierung nominierte Justizministerin Claudia Bandion Ortner will Nationalratsabgeordneter Jarolim nun befragen, sondern auch ÖVP-Innenministerin Maria Fekter. Diese will er fragen, wie es denn sein könne, dass laufende dutzendweise Polizeischüler, offenbar in der Dienstzeit, im Gerichtsaal sind - mit dem Nebeneffekt, dass für andere interessierte Zuhörer kein Platz mehr ist.
Teil zwei der heutigen Minister-Schelte durch den Regierungs-Abgeordneten. Die Zustände in den Jugendgefängnissen, hier würden Jugendliche in sechs-Personen gesperrt, aus Personalmangel übers Wochenende de facto alleine gelassen, es gebe - aus Geldmangel - wenig Werkstättenarbeit, wenig Sport, dafür viel Aggression und sexuellen Missbrauch der jeweils Schwächsten. Jarolim sagt, es könne nicht Bestandteil einer Strafe sein, in Haft missbraucht zu werden.

Der SPÖ-Justizsprecher fordert die Justizministerin auf, sofort mit der Verlegung von Gefängnisinsassen zu reagieren und mittelfristig den Strafvollzug neu zu organisieren.