Appell an Nationalratsabgeordnete
"Kinder gehören nicht ins Gefängnis"
Amnesty international, Caritas, Diakonie und die SOS Kinderdörfer rufen in Briefen an die 183 Abgeordneten des Nationalrats dazu auf, dass die Kinderrechtskonvention uneingeschränkt in die Verfassung aufgenommen und eine Inhaftierung von Kindern unmöglich gemacht wird. Die Briefe wurden Donnerstagvormittag im Parlament abgegeben.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 14.10.2010
"Gesetze ändern!"
"Es kann für die Sicherheit der Republik nicht notwendig sein, zwei Kinder von ihrer Mutter zu trennen und mit Gewalt außer Landes zu schaffen", heißt es nun im Brief der Organisationen an die Abgeordneten. Nach so einem Fall dürfe nicht zur Tagesordnung übergegangen werden, denn aus der täglichen Arbeit wisse man, dass dies kein Einzelfall sei.
Wenn es die Rechtslage erfordere, "Familien auseinander zu reißen und kleine Kinder frühmorgens mit gezücktem Sturmgewehr aus den Betten zu holen, um sie abschieben zu können", dann gehörten diese Gesetze geändert: "Über alle Parteigrenzen hinweg fordern wir daher das Bekenntnis, dass Kinder nicht ins Gefängnis gehören."
"Bleiberecht der Kinder wegen"
Heinz Patzelt von Amnesty International fordert von den Abgeordneten mehr Mut. Die Abgeordenten sollten ihrem Auftrag nachkommen, fordert auch Michael Chalupka von der Diakonie. Sie sollten sich dazu bekennen, dass Kinder nicht ins Gefängnis gehören. "Es gibt keine kindgerechte Abschiebung. Wir brauchen ein Bleiberecht für Familien, die fünf Jahre hier sind - ohne wenn und aber, schon allein der Kinder wegen."
Zwillinge abgeschoben
Der Anlass: Vergangene Woche wurden zwei Mädchen aus dem Kosovo zunächst von Beamten der Sondereinheit WEGA gemeinsam mit dem Vater aus ihrer Unterkunft abgeholt und am Tag danach in ihre Heimat abgeschoben, nachdem sämtliche Anträge auf Asyl oder humanitären Aufenthalt gescheitert waren. Besonders brisant wurde die Geschichte dadurch, dass die Mutter der Zwillinge kurz davor wegen akuter Selbstmordgefahr ins Krankenhaus eingewiesen werden musste und nicht mit ihren Kindern gemeinsam abgeschoben wurde bzw. werden konnte.
Verstöße gegen Grundrechte
Es sei nur schwer zu begreifen, dass gut integrierte Familien, deren Kinder den größten Teil ihres Lebens in Österreich verbracht hätten, und die besser Deutsch als ihre Muttersprache sprächen, kein humanitäres Bleiberecht erhielten, argumentieren die Hilfsorganisation und glauben, dass im aktuellen Fall der Familie K. offensichtlich anerkannte Menschenrechte verletzt worden seien und gegen die Kinderrechtskonvention verstoßen worden sei.
Vorrang des Kindeswohls
Österreich habe zwar die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen bereits im Jahr 1992 ratifiziert, an eine Verankerung im Verfassungsrang für Kinder im Asyl- oder Bleiberechtsverfahren sei aber nicht gedacht worden: "Die Kinderrechtskonvention verlangt den Vorrang des Kindeswohls bei jeder Form staatlichen Handelns und sieht ausdrücklich den Schutz von Kindern im Asylverfahren und Fremdenrecht vor." Das Vorgehen der Polizei, die Zerreißung von Familien durch Einsperren und getrennte Abschiebung zeigten aktuell die Missachtung dieses Grundsatzes.
Zu Mittag sollten die Vertreter von Caritas, Diakonie, Amnesty und Kinderdörfern noch mit Bundespräsident Heinz Fischer zusammentreffen.