Theaterprojekt mit Studierenden
Volker Lösch in Salzburg
"Stuttgart 21" hat ihn auch einem größeren Kreis bekannt gemacht: Der Theatermacher Volker Lösch hat sich im Protest gegen den Neubau des Bahnhofs als einer der zentralen Figuren positioniert. Auch für das Theater sucht Lösch den direkten Kontakt zu Gesellschaftsproblemen, er will alte Stoffe mit aktuellen Themen aufladen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 29.01.2011
Damit hat sich Volker Lösch in der Theaterwelt in den letzten Jahren einen Namen gemacht: Er konfrontiert professionelle Schauspielensembles mit Laien und sucht die Unmittelbarkeit von Lebensgeschichten aus sozialen Randgruppen: Wenn zum Beispiel Hartz-IV-Empfänger ihren Alltag beschreiben, "fange ich langsam an zu kapieren, was es denn bedeutet, wenn Menschen von Würdelosigkeit reden, die mit Arbeitslosigkeit zu tun hat", sagt Lösch.
Im Sinn des Autors arbeiten
Am Beginn stand die Unzufriedenheit als Schauspieler und später als Regisseur: "Das war eigentlich ein sehr verzweifelter Zustand, weil ich das ganz deutlich gespürt habe an mir, mit dem, was ich inszeniert habe und auch mit dem, was es ausgelöst hat, nämlich eine Art von einschläfernder Zufriedenheit, dass das nicht mehr reicht, um Probleme, Konflikte zu beschreiben, die außerhalb des Theaters stattfinden", so Lösch.
So gab es also Hauptmanns "Weber" in Dresden mit einem Chor der Arbeitslosen, "Berlin Alexanderplatz" mit einem Chor der Haftentlassenen und "Medea" mit einem Migrant/innenchor. Darf man alten Stücken das antun? Haltung gegenüber einem Stoff muss eigentlich jeder Inszenierung vorausgehen, meint Lösch: "Ist es mein Problem? Interessiert mich das? Hat das mit meinem Leben heute zu tun oder nicht? Das ist ja immer die Frage, die ich mir stelle, bevor ich einen Stoff aussuche."
Werktreue bekommt da eine andere Bedeutung: "Werktreue ist, wenn man im Sinne des Autors arbeitet. (...) Werktreue ist, den Geist des Autors zu erwischen."
Anerkennung für die Mitspieler
Diese Arbeit ist auch auf Nachwirkung angelegt. Das Publikum soll sich nach Ende der Vorstellung nicht sofort wieder mit Fußball oder Mode befassen. Und die Mitspieler? Für manche kann so ein Engagement lebensverändernd wirken:
"Sie leben von dem Applaus, den sie bekommen", sagt Lösch, "sie erfahren in hohem Maße Anerkennung, man hört ihnen zu, sie kriegen ein Forum für das, was sie zu sagen haben, also alles Dinge, die sie - oft aus Ohnmachtssituationen kommend - gar nicht mehr kennen."
Seit einigen Wochen ist der Regisseur in Salzburg und arbeitet mit Regie-Studierenden am dritten Teil der "Orestie". Die Ergebnisse sind am 30. und 31. Jänner 2011 zu sehen.
Textfassung: Red.