Heinz Fischer eröffnete Bregenzer Festspiele

Festspielpräsident Rhomberg zieht sich zurück

Bundespräsident Heinz Fischer hat am Mittwoch, 20. Juli 2011 die 66. Bregenzer Festspiele für eröffnet erklärt. In seiner Rede widmete sich Fischer vor allem dem Thema Schöpfung, dem heurigen Motto des Musikfestivals. Festspielpräsident Günter Rhomberg kündigte seinen Rückzug an.

Der Präsident der Bregenzer Festspiele, Günter Rhomberg, wird sich offenbar nach dem Ende der aktuellen Funktionsperiode im Frühjahr 2012 wie erwartet aus seinem Amt zurückziehen. Rhomberg kündigte diesen Schritt nun auch selbst an, indem er am Mittwoch bei der Eröffnung der 66. Bregenzer Festspiele von seiner "31. und definitiv letzten Eröffnungsrede" sprach. Als Favorit auf seine Nachfolge gilt Vizepräsident Hans-Peter Metzler.

Rhomberg hat die Präsidentschaft der Bregenzer Festspiele 1981 übernommen. Dem Alter des Festspielpräsidenten ist gemäß Statut das Limit von 75 Jahren gesetzt - Rhomberg wird im nächsten Jahr 74.

Uraufführungs-Reigen
Auf dem Spielplan der Bregenzer Festspiele 2011 steht unter anderem Umberto Giordanos Revolutionsoper "Andre Chenier", die am Mittwochabend Premiere auf der Seebühne feiert. Zudem eröffnet das Auftragswerk "Achterbahn" der Britin Judith Weir den bis 2013 dauernden Reigen der Uraufführungen im Festspielhaus (Premiere 21. Juli). In vier Wochen werden bis zu 200.000 Besucher erwartet.

Zentralfrage der Naturwissenschaften

Das Motto "Schöpfung" biete Anlass, über die Errungenschaften der menschlichen Erkenntnis nachzudenken, aber auch über die sich verändernden Theorien zum Ursprung des Lebens und des Universums, sagte Fischer bei der Eröffnung. Die Frage nach der Entstehung des Universums sei eine Zentralfrage der Naturwissenschaften und vieler Religionen, die die Menschen seines Erachtens für immer faszinieren werde. Der Schöpfungsakt liege in jedem Fall jenseits der menschlichen Ratio. Dies sei der Grund, weshalb die Schöpfung seit jeher Künstler zu bildnerischen, literarischen oder musikalischen Auseinandersetzungen mit dem "Anfang aller Dinge" inspiriert habe, so der Bundespräsident.

Im Rahmen einer Weiterentwicklung des Kunstverständnisses sei Kunst "nicht mehr brillantes handwerkliches Schaffen, das die Natur abbildet, sondern Kunst wird durch die Interpretation des schöpferischen Geistes zu etwas Neuem, zur Creatio: "Was als 'künstlerisch' oder 'kreativ' gelten will, muss oder soll über das Altbekannte und Tradierte hinausweisen", sagte Fischer. Das Neue werde zu einem bestimmenden Kriterium der Kunst. Über diesen Anspruch der Kunst lasse sich im Einzelfall streiten, man sei sich hier aber wohl einig, dass André Chénier als Hauptdarsteller des heutigen Abends diesen Anspruch erfülle. Umberto Giordano habe dem Dichter mit der Oper ein Denkmal gesetzt.

Auszüge aus dem Festival-Programm

Bei der von Intendant David Pountney unterhaltsam gestalteten Eröffnungsfeier dominierten Auszüge aus dem Programm des Festivals. So waren etwa zu den Wiener Symphonikern Solisten aus "André Chénier" zu hören, ebenso "Hassans Arie" aus der Hausoper "Achterbahn". Passend zum heurigen Festspiele-Motto wurden Teile aus Haydns Oratorium "Die Schöpfung" präsentiert. Die zeitgenössische Schiene der Festspiele "Kunst aus der Zeit" war mit einem Auszug aus dem Auftragswerk "Der Beschwerdechor Bregenz" von Jorge Sánchez-Chiong vertreten. Nach dem Festspiele-Trailer war weiters Berlioz' "Hymne des Marseillais" zu hören.

Rhomberg träumt von "drittem Pionierschritt"

Der Bregenzer Festspielpräsident Günter Rhomberg betonte in seiner Eröffnungsrede die Notwendigkeit der Weiterentwicklung des Musikfestivals: "Wenn ich heute einen Blick in die Zukunft der Jahre bis 2020 wage, dann habe ich die Vision eines notwendigen dritten Pionierschrittes", erklärte Rhomberg, der zuvor einen Rückblick auf die Gründungszeit ab 1946, als die Festspiele von ehrenamtlichen Funktionären aufgebaut wurden, und die "zweite Pionierphase" Anfang der 1980er-Jahre unternahm. Damals sei unter der Führung von Intendant Wopmann, Franz Salzmann und ihm selbst der "Durchbruch zu wirklich internationalem Renommee" gelungen.

Retrospektiv habe sich von diesem Ort eine beachtliche Dynamik gebildet, "bedenkt man, dass sich dies alles aus einem Häuflein ideell gesinnter Künstler, ermöglicht durch gleicher Weise begeisterungsfähiger Vorarlberger Bürger entwickelt hat". Die weitere Entwicklung, die eine "genaue Analyse der heutigen Kunst- und Festspielszene" voraussetze und die Bedürfnisse der neu heranwachsenden Generation ernst nehmen solle, müsse getragen sein "von der Kraft einer neuen Führungsmannschaft", die über solide Kenntnisse des Funktionierens großer Kulturbetriebe verfüge, aber angetrieben sei "von Optimismus und hohem Kunstsinn sowie einem leidenschaftlichen Einsatz für diese Festspiele", erklärte Rhomberg, der seit 1981 den Festspielen vorsteht. "Die Erfolgsfaktoren der Vergangenheit werden nicht ausreichen, um auch in fünf, zehn Jahren noch erfolgreich zu sein", mahnte der Präsident.

Mahnung an Regierungsspitze

Rhomberg bedankte sich bei allen Politikern, die in den Jahren 1995 und 2005 Investitionen in das Festspielhaus zustimmten, denn "es brauchte viel Überzeugungskraft, diese extrem hohen Finanzierungskosten gegenüber der Öffentlichkeit zu rechtfertigen". Die Festspiele dürften für sich in Anspruch nehmen, in den vergangenen 25 Jahren die Betriebsbudgets "niemals überzogen" zu haben und derzeit "völlig schuldenfrei" zu sein.

Auch die Eigendeckungsrate von rund 75 Prozent habe man trotz sinkender realer öffentlicher Unterstützung stets erreicht, sagte Rhomberg. Der anwesenden Regierungsspitze legte der Festspielpräsident nahe, "dem kulturellen Geschehen im Lande mehr Aufmerksamkeit zu widmen, weil bei vielen Kulturschaffenden der Eindruck vorherrscht, ihnen werde zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt".

Revolutionen einst und jetzt

Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ) zog in ihrer Rede einen Vergleich zwischen der Zeit der französischen Revolution, dem Thema der Seeoper "André Chénier", und heutigen Revolutionen. Der "Geist des Widerstands" sei in Europa angekommen, so Schmied. "Wo viele junge Menschen ohne Arbeit und somit ohne Perspektive sind, ist der soziale Friede in Gefahr", befand sie. Darum sei es so wichtig, dafür zu sorgen, dass jeder in Österreich die Chance erhalte, zu lernen, sich zu bilden, zu arbeiten und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. "Das ist unser klares politisches Bekenntnis", betonte die Ministerin.

Service

Eröffnung Bregenzer Festspiele 2011, Mittwoch, 20. Juli 2011, 12:00 Uhr, ORF2

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