Mitterer-Uraufführung zum Saisonauftakt

"Du bleibst bei mir" am Volkstheater

Das Wiener Volkstheater hat Freitagabend die Saison eröffnet - und zwar mit einer Uraufführung von Felix Mitterer. Bei dem Stück "Du bleibst bei mir" steht die österreichische Schauspielerin Dorothea Neff im Zentrum.

Neff, eine der größten Schauspielerinnen ihrer Zeit, hatte während der Kriegszeit ihre jüdische Freundin, die Modeschöpferin Lilli Wolff in ihrer Wiener Wohnung versteckte. Das trug ihr den Titel "Gerechte unter den Völkern" ein. In die Rolle der Dorothea Neff schlüpft ihre ehemalige Schauspielschülerin, Andrea Eckert, die damit nach langer Zeit wieder ans Volkstheater zurückkehrt.

Morgenjournal, 10.9.2011

Katharina Menhofer

Es war eine kleine, fast unbemerkte und sehr rührende Geste, die Andrea Eckert beim Schlussapplaus mit Tränen in den Augen - himmelwärts schickte - und damit den fast dreistündigen Abend ihrer ehemaligen gestrengen Schauspiellehrerin widmete. Dass Dorothea Neffs Arbeit reiche Frucht getragen hat, stellt Eckert wieder einmal unter Beweis, auch wenn die Rolle nicht ganz so facettenreich ist, wie man ihr das gewünscht hätte.
Generell ist es dem guten Schauspielerinnen-Ensemble zu verdanken - Männer kommen nur in kleinen Nebenrollen vor - dass der Abend lohnend bleibt.

Der Hauptteil des Stückes verhandelt die vier Jahre, in denen Dorothea Neff ihre Freundin Lilli Wolff, dargestellt von Martina Stilp, in ihrer Wohnung vor den Nazis versteckt. Die Neff riskiert damit ihr eigenes Leben, denn die Hausmeisterin, treffend von Inge Maux verkörpert, kennt ihr Geheimnis und erpresst sie.

Die Liebe zwischen Dorothea und Lilli kühlt im Laufe der vier Jahre des engen Beisammenseins merklich ab, erst recht als die junge Eva Zilcher auf der Bildfläche erscheint, der die Neff bis an ihr Lebensende partnerschaftlich zugetan bleibt, und zwei Bekannte der Lilli Wolff, ebenfalls bei der Neff Unterschlupf finden.

Neben so viel Neff, Mitterer und Eckert bleibt die Regiearbeit von Michael Sturminger bewusst zurückgenommen. Die gesamte Handlung spielt im schön möblierten und tapezierten Zimmer von Neffs Wohnung in der Annagasse, das in eine kleine, enge Guckkastenbühne verlegt wird. Zeitsprünge werden durch Bühnendrehungen angezeigt - auf der Rückseite des Zimmers symbolisieren rohe Bühnenbretter, das feindliche Draußen.

Diese Geschichte hätte, wäre sie dicht erzählt worden, durchaus genug Stoff für einen Theaterabend gegeben. Leider verliert sich Mitterer im ersten Teil ein wenig im Liebesgeplänkel der beiden Damen - Musik ( von Gerald Preinfalk) und Kostümwechsel erzeugen unnötige Pausen - und für den Rest, den Mitterer auch noch hineinpacken will, wird dann fast die Zeit zu knapp.

Interessante Aspekte ihrer Biografie, etwa Neffs zunehmende Erblindung, ihre Bekanntschaft mit Erwin Ringel, ihre Beziehung zu Eva Zilcher oder ihre Arbeit als Schauspiellehrerin - werden nur noch oberflächlich gestreift.

Fazit: Es gibt dichte, beklemmende und auch komische Momente an diesem Abend, leider auch so manchen Leerlauf. Aber wenn am Ende Andrea Eckert als Dorothea Neff als Mutter Courage über die Bühne geht und singend den Planwagen hinter sich nachzieht, dann ist man versucht, die Schwächen des Stückes milde zu beurteilen.

Textfassung: Joseph Schimmer

Service

Felix Mitterer, "Du bleibst bei mir", ab 9. September 2011, Volkstheater Wien,
Ö1 Club-Mitglieder bekommen ermäßigten Eintritt (zehn Prozent).

Volkstheater - Du bleibst bei mir