Gedanken für den Tag

Von Barbara Stromberger. "Über den Tod hinaus" - Zum 50. Todestag von Hermann Hesse. Gestaltung: Alexandra Mantler-Felnhofer

"Alle Kunst entsteht aus Angst vor dem Tod", hat der deutsche Schriftsteller Hermann Hesse, dessen Todestag sich am 9. August zum 50. Mal jährt, einmal gesagt. Das Ziel, etwas zu schaffen, das über den eigenen Tod hinaus bleibt, hat Hesse erreicht, ist die Autorin Barbara Stromberger überzeugt. Sein Menschenbild, seine Humanität und Toleranz, seine Aufrufe gegen Gewalt, wie auch seine Kritik an der modernen Entwicklung von Gesellschaft und Kultur und seine Vision von einer globalen Wissens- und Wertegemeinschaft, all diese brisanten Themen haben durch die digitale Revolution neue Aktualität gewonnen. So behielt der deutsche Schriftsteller und Maler "Bleiberecht".

"Der Mensch ist zu nichts schwerer zu bringen als zu seinem Glück" behauptet Hermann Hesse in seiner Erzählung" "Der Weltverbesserer".
Wie ich denke, beruht diese Feststellung auf seiner eigenen Erfahrung, denn schon als kleiner Bub musste sich sein Eigensinn oft schmerzvoll durchsetzen.
Nach einer als durchwegs glücksvoll beschriebenen Kindheit geriet der Seminarist Hermann Hesse, wie man es aus seiner Biografie erfährt, in eine schwere Krise.
Es kam sogar zu einem Selbstmordversuch, bei dem wohl auch eine unglückliche Liebe mitspielte. Hesses "stürmische Irrfahrt in ein eigenes Leben" hatte mit der Pubertät begonnen, und die Liebe der Eltern erreichte sein Inneres nicht mehr.
Besonders beeindruckend ist sein Brief, den er als 15-Jähriger an den Vater schrieb, worin sein Wesen verzweifelt um den eigenen Verwirklichungsraum kämpft. Hesse schreibt :
"Meine letzte Kraft will ich aufwenden, um zu zeigen, dass ich nicht die Maschine bin, die man nur aufzuziehen braucht", und er appelliert an die frommen Eltern:
"Ihr seht nach diesem elenden Leben ein besseres, während ich mir's ganz anders denke und darum dieses Leben entweder wegwerfen oder etwas davon haben will. Ihr seid Christen und ich nur ein Mensch."
Hesse gehört, wie ich meine, zu den verantwortungsbewussten Einzelnen, die durch ihr "eigensinniges" Leben gefährdete Ordnungen oder Gemeinschaften auf die Gefahren aufmerksam machen, in denen sie sich befinden.
Im "Steppenwolf" schreibt Hesse so nachhaltig gültig: "Jeder einzelne Mensch müsse, statt sich mit verlogenen politischen "Schuldfragen" in Schlummer zu wiegen, bei sich selber nachforschen, wie weit er selbst durch Fehler, Versäumnisse und üble Gewohnheiten mit am Kriege und an allem anderen Weltelend schuldig sei, das sei der einzige Weg, um den nächsten Krieg vielleicht zu vermeiden."

Service

Kostenfreie Podcasts:
Gedanken für den Tag - XML
Gedanken für den Tag - iTunes

Sendereihe

Playlist

Titel: GFT 120802 Gedanken für den Tag / Barbara Stromberger
Länge: 03:49 min

weiteren Inhalt einblenden