Beschuldigte Priester nach wie vor im Amt

Sexueller Missbrauch: Plattform klagt an

Die Plattform „Betroffener kirchlicher Gewalt" hat neun römisch-katholischen Bischöfen eine Liste mit 40 Beschuldigten geschickt, denen sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche vorgeworfen wird. Die Beschuldigten sind laut Plattform nach wie vor unbehelligt im Amt. Jetzt müsse es Konsequenzen geben, so die Plattform.

Morgenjournal, 4.6.2012

Detaillierte Liste an Bischöfe geschickt

Anfang 2010 hat die Plattform eine Hotline eingerichtet, bei der sich seither 400 Menschen gemeldet haben. Viele haben nicht nur geschildert, was ihnen passiert ist, sondern auch die Namen der Beschuldigten genannt, sagt der Psychologe Philipp Schwärzler von der Hotline. Und diese Namen hat er nun an die zuständigen Bischöfe geschickt.

Dort, wo es möglich war, gibt es Angaben, in welchem Zeitraum und in welchem Wirkungsbereich diese Vorfälle geschehen sind, sagt Schwärzler, und soweit es möglich war, in welchen Ämtern diese Personen nach wie vor tätig sind. 35 beschuldigte Priester seien nach wie vor im Dienst, klagt der Psychologe an. Unter diesen seien auch einige einschlägig Verurteilte. "Zum Teil gibt es verurteilte Straftäter, die nach Absitzen ihrer Haftstrafe wieder in Dienst gestellt wurden. Oder beispielsweise der Fall jenes burgenländischen Pfarrers, der vor 10 Jahren eine 18 Monate bedingte Haftstrafe bekommen hat und auch wieder im Amt ist."

Für Betroffene "massiv ungerecht"

In der Vergangenheit seien Beschuldigte oder Verurteilte einfach nur versetzt worden, kritisiert Philipp Schwärzler. Das sei definitiv zu wenig, auch für die Betroffenen. "Deren Leben ist ja in vielen Fällen durch die sexuelle Gewalt massiv beeinträchtigt worden. Sie leiden zum Teil bis heute unter diesen Folgen." Auf der anderen Seite jene Männer sehen, die ihnen das angetan haben, nach wie vor in Amt und Würden und hätten ehrenvolle Aufgaben. "Das empfinden diese Menschen als massiv ungerecht."

Der Klasnic-Kommission nennt die Plattform die Namen der Beschuldigten nicht, betont Schwärzler. Begründung: Die fühle sich für die Täter nicht zuständig. In den Diözesen hingegen seien die Namen ohnehin schon bekannt, passiert sei aber nichts. "Das ist überhaupt das große Problem, dass man sich mit den Täter noch nicht beschäftigt hat und das offensichtlich auch niemand will. Das ist aus meiner Sicht der eigentliche Skandal. Viele Kinder und Jugendliche haben sexuelle Gewalt erfahren und das hätten nicht erleiden müssen, wenn die Kirche konsequent reagiert hätte."

In den Briefen der Plattform werden die Bischöfe aufgefordert, die genannten Fälle zu untersuchen, endlich zu handeln und bis Ende Juli der Plattform die Ergebnisse mitzuteilen.

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