Ein Rundgang

Architekturbiennale Venedig

Seit heute ist die 13. Architekturbiennale in Venedig geöffnet. Der künstlerische Leiter der Biennale, der britische Architekt David Chipperfield, hat für die heurige Ausgabe den Titel "common ground", also "Gemeinsamkeiten" als Ausgangspunkt gewählt.

Kulturjournal, 29.8.2012

Interessanterweise findet bei dieser Biennale eine Umkehrung statt: Zahlreiche der Länderpavillons beschäftigen sich ganz eindeutig mit etwas, das man als "Common ground", als Kommunalität, bezeichnen könnte. Und das, obwohl die nationalen Teilnehmer bereits Monate vor Chipperfields Themen-Verkündung an ihren Beiträgen zu arbeiten begonnen haben. " Wahrscheinlich brauchen Ausstellung wie diese so weit gefasste terrains, dass man vieles platzieren kann. Für die Länderpavillons ist dieser Titel irrelevant. Es ist nicht erforderlich", sagt dazu der österreichische Biennale-Teilnehmer, der Architekt Wolfgang Tschapeller.

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Architekturbiennale Venedig - (engl.)

Die besten Pavillons

Der österreichische Beitrag erhebt keinen Anspruch die Welt zu retten und ist dennoch zeitgemäß, intelligent und auch im Biennale-Umfeld ansprechend präsentiert. Das gilt auch für den polnischen Pavillon.

Katarzyna Krakowiak und Michal Libera verstärken die Akustik des polnischen Pavillons, sodass eine sich je nach Wetter und Besucherfrequenz verändernde Soundskulptur entsteht. Der Innenraum des Pavillons ist völlig leer, es gibt keine Lautsprecher oder Mikrophone zu sehen, nur der Boden und eine Wand wurden leicht schräg installiert, um die natürliche Akustik des Raumes zu betonen.

Diese Installation hat Polen auch eine lobende Erwähnung beim Preis für den besten Pavillon eingetragen. Die Auszeichnung konnte letztlich Japan für sich erringen.

Toyo Ito hat als Kurator drei junge Architekten eingeladen, ein Gemeinschaftszentrum für eine Region zu entwerfen, in der praktisch kein Gebäude dem Tsunami standgehalten hat. Akihisa Hirata ist einer der jungen Architekten.

Im japanischen Pavillon sind Modelle ausgestellt, die den Entwurfsprozess dokumentieren, sowie ein Baumstamm der gleichen Sorte, die für den Bau des Gemeinschaftszentrums eingesetzt wird. Denn dieses ist fast fertig. Für die Menschen aus der Gegend soll es ein Ort sein, wo man sich treffen und Aufbaustrategien besprechen kann, sagt Hirata.

Das Resümee

Es ist keine Biennale der Theorien, der Analysen und der visionären Gedanken, sondern ein Innehalten, so scheint es. Wir kennen die Probleme unserer Zeit - was können die Architekten zu ihrer Lösung beitragen? Welche Rolle wird die Architektur in der Gesellschaft von morgen haben? David Chipperfield versucht diese Fragen unter anderem mit Rückblicken in die Vergangenheit zu beantworten, während die Grundstimmung bei den Architekten eine vorsichtig-optimistische ist.

Über die Architektur der Zukunft denkt man unterdessen auch außerhalb des Biennale-Geländes nach. Studierende aus ganz Europa wurden vom Pariser Architekturmuseum zu einem Wettbewerb zum Thema Nachhaltigkeit eingeladen. Die Teilnehmer sind nun in Venedig, um ihre Projekte zu besprechen und sich kennenzulernen. Die Einreichungen werden im Kulturzentrum Lab Morion ausgestellt. Margeaux Minier ist die Koordinatorin des internationalen Treffens, das am Rande der Biennale stattfindet. An Europas Universitäten, sagt sie, wird Nachhaltigkeit auf sehr unterschiedliche Weise interpretiert. Während es im deutschsprachigen Raum eher um technische Aspekte geht, ist es in Spanien oder Frankreich vor allem soziale Gerechtigkeit.

Das Studentenprojekt ist eine kleine, aber feine Ergänzung zu den offiziellen Biennale-Ausstellungen. Diese bieten heuer nichts Radikales, nichts Programmatisches und nichts Neues - aber immerhin lassen sie eine Diskussion über die Funktion der Architektur in der Gegenwart und nahen Zukunft zu. Vielleicht kommt diese Ausgabe der Architektur-Biennale einfach ein paar Jahre zu spät.

Textfassung: Joseph Schimmer