Moskau verbietet Mohammed-Video

Der umstrittene islam-feindliche Film "Die Unschuld der Muslime" kommt nicht aus den Schlagzeilen. Nach einigen, vorwiegend islamischen, Ländern hat auch Russland die Ausstrahlung des Films landesweit untersagt, zuvor wurde er von einem Moskauer Gericht als extremistisch eingestuft.

Morgenjournal, 3.10.2012

Verbot unter Protest

Das Gericht erkläre das Material des Films "Die Unschuld der Muslime", für extremistisch, so der Richter Jewgeni Komissarow kurz und bündig. Das Moskauer Bezirksgericht folgt damit einem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft. Nun landet der Film auf einer Liste des russischen Justizministeriums mit extremistischen Werken. Was bedeutet, dass dessen Ausstrahlung künftig landesweit verboten ist. Die Firma Google, der der Internetdienst Youtube gehört, erklärt sich bereit, den Zugang zum islamkritischen Film für russische Nutzer zu sperren.

Vergeblich protestieren vor dem Gerichtsgebäude Demonstranten gegen das Verbot: "Heute untersagen sie 'Unschuld der Muslime', morgen vielleicht schon 'Den Zorn der Christen'", schimpft ein Vertreter der Piraten-Partei. "Man wird alles Mögliche verbieten, nur weil es religiöse Fundamentalisten wollen. Das ist falsch."

Gesetz in Arbeit

Doch die politische Führung in Russland begrüßt die Verbannung des Mohammed-Videos aus dem Internet. Bei der Regierungspartei "Einiges Russland" heißt es, in demokratischen Ländern dürften keine Inhalte verbreitet werden, die die religiösen Gefühle von Gläubigen beleidigten, unabhängig von deren Konfession. Das Verbot des umstrittenen Videos passt zur aktuellen politischen Stoßrichtung des Kremls: Nachdem drei Frauen der Punkband Pussy Riot für einen putin- und kirchen-kritischen Auftritt in einer Kirche zu zwei Jahren Straflager verurteilt wurden, tüftelt das Parlament gerade an einem Gesetz, wonach künftig die Beleidigung religiöser Gefühle mit mehrjähriger Haftstrafe geahndet wird. So gesehen ist das Verbot des islam-feindlichen Videos nur konsequent.

Zudem dürfte das Verbot auch ein Versuch sein, radikale Muslime in Russlands Unruheherd im Nordkaukasus zufrieden zu stellen. In der tschetschenischen Hauptstadt Grosny hat ein Bezirksgericht bereits letzte Woche die Verbreitung des Mohammed-Videos verboten.

Sorge um Meinungsfreiheit

Von einem Angriff auf die Meinungsfreiheit spricht unterdessen die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Und warnt vor dem Risiko, dass nun der Zugang zu Youtube vollständig gesperrt werden könnte. Tatsächlich hat der russische Kommunikationsminister Nikiforow genau damit gedroht, falls Youtube den Film nicht selbstständig verbanne, und auf das neue Jugendschutzgesetz verwiesen. Dieses tritt im November in Kraft und soll Minderjährige vor schädlichen Inhalten schützen. Kremlkritiker sprechen jedoch von Zensurmaßnahmen, mit denen Oppositionelle mundtot gemacht werden sollen.

Das Verbot des umstrittenen Mohammed-Videos könnte jedenfalls erst der Auftakt von weiteren Internet-Einschränkungen sein, meint Michail Jakuschew von der Internetholdig mail.ru:
"Gut möglich, dass man versucht, später auch andere Portale und andere Inhalte zu sperren.
Das wird weitreichende und sehr negative Folgen haben, denn das Internet ist die einzige einheitliche Informationsplattform im Land." Unterdessen rufen Bürgerrechtler kommendes Wochenende zu einer Kundgebung gegen Internetzensur in Moskau auf.