Steuervorteile für Bauern "untragbar"

Kein gutes Haar an den neuen Regeln für die Besteuerung der heimischen Bauern lässt Werner Doralt, Professor für Steuerrecht. Die Grenze, bis zu der Landwirte ihre Steuer pauschal entrichten können und keine Aufzeichnen über ihre Einkünfte führen müssen, sei noch immer viel zu hoch und damit untragbar.

Mittagsjournal, 19.10.2012

Barbara Battisti

"Massive Steuerungerechtigkeiten"

Ein schlechter Scherz ist für Steuerrechtsprofessor Werner Doralt die Reform der Einheitswerte, die die Bemessungsgrundlage der Einkommenssteuer in der Landwirtschaft bilden.

Ab 2014 werden die Einheitswerte je Bauernhof neu bestimmt und um bis zu 10 Prozent steigen. Gleichzeitig sinkt die umstrittene Obergrenze für die Steuerpauschalierung.

Derzeit können Betriebe bis zu einem Einheitswert von 100.000 Euro die Einkommenssteuer pauschal entrichten, ab 2014 sinkt diese Obergrenze auf 75.000 Euro. "Noch immer viel zu hoch", sagt Steuerrechtsexperte Doralt, "das ist untragbar und führt zu massiven Steuerungerechtigkeiten." Schon jetzt könnten fast alle Landwirte diese Erleichterung in Anspruch nehmen. "Es sind derzeit 97 Prozent der Landwirte pauschaliert. Das ist für eine Pauschalierung untragbar", so Doralt.

Obergrenze auch künftig "Schweinerei"

Die Obergrenze war 2010 vom damaligen Finanzminister Josef Pröll von 65.000 auf 100.000 Euro hinaufgesetzt worden, ohne die Zustimmung des Koalitionspartners SPÖ. Steuerrechtsprofessor Doralt hält das für Amtsmissbrauch: "Ich habe damals mit dem zuständigen Sektionschef gesprochen und hab ihn gefragt, ob das nicht Amtsmissbrauch war. Er hat mir geantwortet, dass es selbstverständlich Amtsmissbrauch war."

Die künftig niedrigere Obergrenze von 75.000 Euro sei nur die Rücknahme der damaligen Erhöhung. Das System bleibe aber ungerecht, stellt Doralt fest. "Es ändert sich im Wesentlichen gar nichts. Das ist auch in Zukunft eine Schweinerei", so Doralt.

"Es geht nicht um den kleinen Landwirt"

Nach Berechnungen der Landwirtschaftskammer macht der Steuervorteil aus der Pauschalierung weniger als 100 Millionen Euro pro Jahr aus. Die Arbeiterkammer schätzt hingegen, dass dem Fiskus bis zu 400 Millionen jährlich entgehen.

Erleichterungen für kleine Betriebe seien vertretbar, sagt Doralt: "Es geht hier nicht um den kleinen Landwirt. Es geht hier um jene Landwirte, die ganz offenkundig auch Funktionäre in den Kammern sind und dort ihren Einfluss haben."