Ägypten vor Präsidentenwahl
Ägypten steht vor der Präsidentenwahl, und der ehemalige Feldmarschall und Verteidigungsminister Abdel Fattah el Sisi hat die größten Chancen. Das letzte Mal, als der Ausgang einer Präsidentschaftswahl schon im vorhinein so klar feststand, war unter Diktator Hosni Mubarak. Einige sehen darin eine Farce, andere finden, man muss el Sisi eine Chance geben.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 1.4.2014
Aus Kairo berichtet Liza Ulitzka
"Die Menschen wollen Sisi"
Es war eine bemerkenswerte Kampagne in den letzten Wochen und Monaten. Sie bewarb einen Kandidaten, der bis dato noch nicht einmal feststand. In ganz Kairo wurden Bilder von Abdel Fattah El-Sisi angebracht. Die Plakate sind klein, groß und überlebensgroß mit Schriftzügen wie: "Ägypten braucht dich" oder "Setze deine Arbeit fort". Der ehemalige Oberbefehlshaber über das Militär begeistert sehr viele Ägypter. Auf die Frage, wem sie bei den anstehenden Präsidentschaftswahlen ihre Stimme geben werden, kommt überwiegend eine Antwort: "Ich werde Abdelfattah el-Sisi wählen. Ich spüre dass es Hoffnung gibt." - "El-Sisi, weil er das Land in allen Bereichen führen kann." - "So Gott will, el-Sisi. Weil ich ihm vertraue." - "Die Menschen wollen alle Sisi."
Kein neuer Diktator?
Erst vergangene Woche hat el-Sisi seine Kandidatur offiziell gemacht und ist von allen politischen und militärischen Ämtern zurückgetreten. Für die meisten war das keine große Überraschung. Hassan Nafaa, Politikprofessor an der Universität Kairo meint, dass Sisi so lange gezögert habe, hätte administrative Gründe gehabt. Dass hier ein neuer Diktator aufgebaut wird, sieht Hassan Nafaa nicht so: "Im Moment haben die Leute im Land genug von der Revolution und von der Anarchie. Das Land braucht einen starken Mann, der es wieder zum Arbeiten bringt. Die meisten Ägypter sind desillusioniert von der Muslimbruderschaft. Sie haben versagt darin das Land effektv zu regieren. Mit el-Sisi wird es eine neue Phase geben. Wir wissen nicht genau wohin die Reise gehen wird, aber ich glaube nicht in Richtung einer Militärdiktatur."
Restriktive Wahlgesetze
Dieser Optimismus wird bei weitem nicht von allen Ägyptern geteilt. Der Menschenrechtsanwalt Khaled Ali hat seine Kandidatur wegen vieler restriktiver Wahlgesetze zurückgezogen. Die oberste Wahlkommission ist rechtlich unantastbar gemacht worden, Kandidaten müssen einen akademischen Grad haben und Wahlkampf darf es nur einen Monat lang geben. Politikprofessor Hassan Nafaa sieht darin keine Hindernisse für eine faire Wahl und hält den Rückzug Khaled Alis für unbedeutend: "Khaled Ali ist jemand, den ich persönlich sehr respektiere. Er ist ein Kämpfer für die Menschenrechte. Aber er hatte sehr geringe Chancen zu gewinnen und niemand hat wirklich bedauert, dass er jetzt nicht mehr kandidiert."
Dennoch, viele aus der jungen Generation kündigen bereits an nicht zu den Wahlen zu gehen, ganz zu schweigen von den Anhängern der Muslimbrüder. Und in der ägyptischen Twitter-Gemeinde wird im Moment Sturm gegen el-Sisi gelaufen mit dem Schlagwort "intahabu el ars" was übersetzt "Wählt den Zuhälter" bedeutet. In Ägypten ist das eine der schlimmsten Beleidigungen.