"Identitäre": Noch kein Grund für ein Verbot

Die "Identitären" wehren sich gegen den Vorwurf, rechtsextrem zu sein, und kündigen rechtliche Schritte gegen den Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) an, der ein Verbot der Gruppierung gefordert hatte. Aber ein Verbot ist ohnehin nicht so einfach, sagt der Rechtsextremismus-Experte des Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands, Andreas Peham.

Mittagsjournal, 23.5.2014

"Rechtsextrem" ist zu wenig

Wer ist diese Gruppe überhaupt, die am Samstag demonstriert hat? Nicht rechts, nicht links, und schon gar nicht rassistisch, nur für den Erhalt unserer Identität. So beschreiben sich die Identitären selbst. Klingt nicht verdächtig, dahinter steht dennoch rechtsextreme Ideologie, sagt Andreas Peham vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands. Zwar werde nicht mehr gegen sogenannte "Überfremdung" gekämpft, sondern "heute heißt das Islamisierung. Aber der Inhalt, der Rassismus ist der Gleiche." Aber eben nicht neonazistisch, sagt Peham. Und aus seiner Sicht ist "rechtsextrem" zu wenig, um eine Gruppe nach dem Verbotsgesetz zu verbieten oder aufzulösen. Er sei aber froh, dass der Verfassungsschutz die Identitären als beobachtungswürdig betrachtet.

Und auch das Verbot von Demonstrationen sei nicht so einfach, so Andreas Peham. Entscheidend sei, ob an den Demos Neonazis teilnehmen. Denn das wäre dann doch ein Grund, ein Verbot zu überlegen, sagt der Rechtsextremismus-Experte, "weil ja dann zu erwarten ist, dass es zu Verstößen gegen das Verbotsgesetz kommt."

Unklare Rolle der Polizei

Das Dokumentationsarchiv hat auch die Kundgebung vergangenen Samstag beobachtet, und Andreas Peham stellt fest: Die Strategie der Deeskalation, die die Polizei gezielt vor der Fußball-Europameisterschaft 2008 ausgerufen hat, sei offensichtlich Geschichte. Er hoffe, dass es wieder zu einem Umdenken der Polizeiführung komme. "Im Vorfeld es Akademikerballs hat man das genau ge3sehen, wo ja die Ausschreitungen von der FPÖ herbeigeschrieben wurden und niemand von den anderen Parteien der Polizei den Rücken gestärkt hat."

Bei der Demonstration am Wochenende sei es sogar zu Verbrüderungsszenen zwischen Polizei und rechten Demonstranten gekommen, sagt Peham. Da habe die Polizei Handlungsbedarf "um die Polizei von jedem Verdacht frei zu bekommen", so Peham. Konkret sei zu klären, wie das beschlagnahmte Leittransparent der Gegendemonstration wenig später bei den Identitären auftauchen und beim Posieren im Internet verwendet werden konnte, so Peham. Bei der Polizei heißt es: Diesen Vorwürfen wird nachgegangen, auch der Frage, ob das Transparent tatsächlich beschlagnahmt worden ist.

Für die heutige Pressekonferenz mussten die Identitären übrigens zweimal den Veranstaltungsort wechseln. Zwei alteingesessene Wiener Cafes wollten die Gruppe nicht in ihr Lokal lassen. Stattgefunden hat die Pressekonferenz schließlich im Festsaal der österreichischen Landsmannschaft.