Justizgewerkschafter gegen Reformpläne

Die Umstrukturierung des Strafvollzugs und der Gefängnisverwaltung in Österreich stößt auf Widerstand in der Justizwachegewerkschaft. Der Gewerkschaftsvorsitzende Albin Simma ist gegen die von Minister Wolfgang Brandstetter geplante Auflösung der Vollzugsdirektion und kritisiert auch die jüngste Suspendierung von drei Beamten nach dem Vernachlässigungsfall von Stein.

Morgenjournal, 30.5.2014

"Einzelfälle"

Die Fälle von Vernachlässigung und Gewalt in Suben und Stein seien eine Katastrophe für den Berufsstand, sagt der Vorsitzende der Justizwachegewerkschaft, Albin Simma. Das seien "bedauerliche Einzelfälle", denn 99,9 Prozent der 4.000 Bediensteten arbeiteten professionell und im Sinne eines humanen Strafvollzugs, so Simma. Und der ÖVP-nahe Christgewerkschafter Simma kritisiert die Suspendierung von drei Beamten - im Zusammenhang mit dem Vernachlässigungsfall von Stein: "Wochen später zu suspendieren, nur weil Medien das verlangen, ist nicht gerecht. Auch wir haben einen Anspruch auf eine Unschuldsvermutung." Die Ermittlungen seien ja längst angelaufen gewesen und wenn, dann hätte sofort suspendiert werden müssen, meint Simma.

Gegen Direktionsauflösung

Der oberste Justizwache-Gewerkschafter stellt sich auch gegen die von Minister Brandstetter geplante Auflösung der Strafvollzugsdirektion, die die Gefängnisse verwaltet: "Ich bin dagegen." Die nun vom Minister geplante Generaldirektion direkt im Ministerium als neue oberste Verwaltungseinheit für die Gefängnisse habe es ja schon einmal gegeben, und die habe damals schon nicht funktioniert, "das verstehe ich nicht", so Simma. Der Gewerkschafter befürchtet, dass wie früher Richter und Staatsanwälte den Strafvollzug leiten werden und nicht Justizwachebeamte.

Jüngste Vorwürfe, dass Justizwachegewerkschaft und Personalvertretung derzeit zu viel Einfluss haben, und dass Leitungsposten nach parteipolitischen Kriterien und nicht nach Qualifikation erfolgen würden, weist er zurück: "Parteipolitisch besetzt, das ist ja schon lang vorbei." Und Simma weiter: "Da hat's schwarze Minister gegeben und es sind rote Anstaltsleiter besetzt worden. Dass interveniert wird - naja, selbstverständlich."

Strafvollzug "linker" und "romantischer"?

Dem Christgewerkschafter Simma geht es nicht um Änderungen hier, sondern um mehr Personal. In manchen Gefängnissen müssten die Kollegen bis zu 28 Tage im Monat arbeiten, sagt er, Überstunden würden teils nicht bezahlt, die Burn-Out-Raten seien hoch. Simma unterstützt daher voll die von ÖVP-Minister Brandstetter geplante Reform des Maßnahmenvollzugs für psychisch Kranke und eine Versorgung der Betroffenen im Gesundheitssystem - zur Entlastung der Justizwache. Überhaupt seien die Justizwachebeamten keine Reformverweigerer, sagt der Gewerkschafter, und findet eine bemerkenswerte Formulierung: "Wenn der Strafvollzug noch linker geführt werden soll und noch romantischer - ja, selbstverständlich, machen wir alles, aber bitte mit mehr Personal." Denn wie überall, so der Christgewerkschafter, gelte auch in der Justiz: ohne Geld, ka Musi.