Strafvollzugsreform: Viele Hürden für Brandstetter

Justizminister Wolfgang Brandstetter plant eine großangelegte Reform des Strafvollzugs, also der Gefängnisse in Österreich. Insidern zufolge wird er sich dafür mit Parteien, Personalvertretung und Gewerkschaft anlegen müssen. Denn derzeit gebe es zu viele parteipolitische Besetzungen im Strafvollzug, teils mit nicht qualifizierten Führungskräften, sagt der ehemalige Leiter der Strafvollzugs-Akademie.

Mittagsjournal, 28.5.2014

"Hat progressiv zugenommen"

Von einer Verpolitisierung der Strafvollzugsverwaltung, spricht Wolfgang Gratz, der ehemalige Leiter der Strafvollzugs-Akademie - "mit dem Ergebnis, dass relativ oft Personen in Führungsfunktionen kommen, die dafür nicht qualifiziert sind." Bei Postenbesetzungen entscheide meist ein "Bermuda-Dreieck" aus Vollzugsdirektion, Ministerium und Personalvertretung, und zwar oft nach parteipolitischen Kriterien: "Das geht oft hinauf bis zu Anstaltsleiter-Besetzungen. Das war nicht immer so und hat in den letzten 15 Jahren progressiv zugenommen."

"Personalwirtschaft mit Gefängnisanschluss"

Über die Justiz-Gewerkschaftsfraktionen und Personalvertreter sagt Gratz: "Ich kenne keinen anderen Bereich in der Bundesverwaltung, wo die Personalvertretung so viel Mitspracherecht hat. Mir hat gestern ein Anstaltsleiter erzählt, dass er eine Organisationsänderung machen wollte, und es wurde ihm von höherer Stelle gesagt: 'Wie können Sie das vor den Personalvertretungswahlen, die heuer im Herbst sind, machen? Derweil geht einmal gar nichts!'"

Der Kriminologe und ehemalige Leiter der Strafvollzugsakademie formuliert sogar: "Derzeit stellt sich für mich der Strafvollzug dar als eine Personalwirtschaft mit angeschlossenem Gefängnisbetrieb." Und die Personalvertreter - wohl je nach Fraktion - treten laut Gratz teils für einen Steinzeit-Strafvollzug ein, sagt Gratz mit Hinweis auf die Veröffentlichung eines Videos aus Suben: "Einer haut hin und die anderen schauen zu - gilt auch für die Frage, wie Personalvertreter miteinander umgehen, dass also Äußerungen von Personalvertretern, die einem Steinzeit-Strafvollzug das Wort reden, in der Kollegenschaft völlig unwidersprochen geblieben sind - jedenfalls öffentlich. Und die Personalvertretungen zeichnen teilweise den Insassen als Feindbild."

Erste Gespräche

Dementsprechend schwer seien auch die von Minister Wolfgang Brandstetter geplanten Reformen umzusetzen. Zumal seit 2001 immer wieder erfolglos Reformen und dann wieder Reformen der Reformen umgesetzt worden seien. Aber Strafvollzugsexperte Gratz hält es grundsätzlich für sinnvoll, wenn das der Strafvoll wieder in das Justizministerium eingegliedert wird. Bereits heute findet eine erste interne Besprechung statt, wie man weiter vorgehen will. Insgesamt soll der Strafvollzug näher an den Justizminister herangerückt werden.

Überlegt wird außerdem, dass der sogenannte Maßnahmenvollzug - also die Unterbringung von geistig abnormen Straftätern ausgelagert wird - und zwar an das Gesundheitsministerium. Doch hier erteilt man den Wünschen der Justiz eine Absage: Nicht zuletzt geht es in dieser Frage ums Geld. Allerdings werden Experten des Gesundheitsministeriums in der Reformgruppe zum Strafvollzug mitarbeiten.