Wie rechtsextrem ist die FPÖ?

Diese Frage stellt sich jetzt in neuem Licht: Die FPÖ ist gemeinsam mit dem französischen Front National eine treibende Kraft für die Gründung einer Rechtsfraktion im Europäischen Parlament. Und der Front National von Marine Le Pen gilt nun einmal als rechtsextrem - warum dann nicht auch die FPÖ? - fragt sich der Politologe Anton Pelinka.

Mittagsjournal, 14.6.2014

Rechtsextreme wollen nicht als rechtsextrem gelten

"Eine Ofenladung" wollte Front-National-Gründer Jean Marie Le Pen aus einem jüdischen Künstler machen, der dem Front-National kritisch gegenübersteht - eine von vielen antisemitischen Aussagen Le Pens. Erstmals ist ihm seine Tochter die Parteichefin in die Parade gefahren, wenn auch nur schaumgebremst. Marine Le Pen will den Front National salonfähig machen, entdämonisieren, wie sie sagt. Den Begriff rechtsextrem mag sie gar nicht.

Aber die Partei hat diesen Stempel, und der FPÖ macht das nichts aus. Der EU-Abgeordnete Franz Obermayr: "Für mich ist Front National weder rechtsextrem noch sonst irgendwie in dieses Eck zu drängen." Der FPÖ-Mann Obermayr ist Präsident der Partei Europäische Allianz für Freiheit - nicht zu verwechseln mit der angestrebten Fraktion im EU-Parlament. Marine Le Pen ist unter ihm Vizepräsidentin. Das Verhältnis zueinander ist eng: "Da gibt's natürlich einiges, was wir gemeinsam haben. Sonst würden wir nicht zusammenarbeiten. Manches ist unterschiedlich, aber das ist so in einer Familie auch üblich", sagt Obermayr. Und er greift auf altbekannte Argumentationsmuster zurück, wenn die Familie angegriffen wird: "So versucht man halt, die Freiheitliche Partei zu dämonisieren, die Marine Le Pen und ihre Bewegung zu dämonisieren. Es ist doch unverschämt, die Mehrheit der Franzosen als Rechtsextremisten abzutun, nur weil sie Marine Le Pen wählt."

Pelinka: FPÖ ist rechtsextrem

So hat sich seinerzeit schon Jörg Haider verteidigt, so tun es die Parteiführer auch heute. Grund dazu gibt es immer wieder: Für Marine Le Pen ist es ihr Vater, für Heinz-Christian Strache sind es Problemkinder wie Andreas Mölzer und Susanne Winter, die wegen Verhetzung verurteilte FPÖ-Abgeordnete - an der Strache allerdings festhält. Sie ist für ihn eine Gallionsfigur des Anti-Islamismus - ein Thema, dass Europas Rechte stark verbindet.

Der Politikwissenschaftler Anton Pelinka: "Es ist natürlich klar, dass die scharfe Ablehnung gegenüber Zuwanderung ein wesentliches Bindeglied zwischen den heute rechtsextremen Parteien in Europa ist." Und zu denen zählt Pelinka die FPÖ eben ganz klar dazu: "Rechtsextrem ist eine mehr oder weniger gut begründbare Wertung, genauso wie rechtspopulistisch. Ich meine nur, wenn man den Front National als rechtsextrem bezeichnet, dann ist es wohl auch berechtigt, die Freiheitliche Partei Österreichs als rechtsextrem zu bezeichnen."

Österreich ist eben anders

Warum es nie üblich war, die FPÖ als rechtsextrem zu bezeichnen, erklärt Pelinka so: "Die Freiheitliche Partei war immer mit im Spiel. Und daher war es in Österreich nicht üblich aufzuzeigen, dass die Wurzeln der Freiheitlichen Partei eigentlich im österreichischen Nationalsozialismus liegen. Und insoferne ist die Freiheitliche Partei bezogen auf diese Verwurzelung viel mehr rechtsextrem als das der Front National ist."

Umgekehrt sei der Begriff rechtsextrem für den Front National deswegen so selbstverständlich geworden, "weil dank des cordon sanitaire sowohl die gemäßigte demokratische Rechte, die Gaullisten, als auch die Sozialisten nie den Front National als taktisches Spielzeug gegen die andere Großpartei genützt haben. Das war in Österreich immer anders." Und das werde wohl auch weiter so bleiben, meint der Politikwissenschaftler. Auch wenn die FPÖ jetzt mit Rechtsextremen in einem Boot sitzt.