24-Stunden-Telemedizin: Skepsis und Zuversicht

Medizinische Auskunft rund um die Uhr per Telefon und Internet - schon im kommenden Jahr soll das System für die Patientinnen und Patienten zur Verfügung stehen. In Österreich haben sich bisher drei Bundesländer dazu verpflichtet: Wien, Niederösterreich und Vorarlberg. Die zuständigen Gesundheitslandesräte sind naturgemäß begeistert von diesem Projekt, die Ärztekammer hingegen skeptisch, wenn auch nicht völlig ablehnend.

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(c) ORF/URSULA HUMMEL-BERGER

Mittagsjournal, 2.7.2014

Skeptische Ärzte

Ziel des neuen Systems ist es, die Spitalsambulanzen zu entlasten. Der Pilotversuch wurde erst vor wenigen Tagen beschlossen, allzu detailliert sind die Auskünfte noch nicht, die man in den drei Pilot-Bundesländern zu dem neuen Projekt bekommt. Niederösterreichs Gesundheitslandesrat Maurice Androsch (SPÖ), über das Personal, das da am Telefon bzw. Computer sitzen wird: "In erster Line wird es in der ersten Phase ein Krankenpfleger, eine Krankenpflegerin sein, die den Anruf entgegen nimmt und die Erstfragen stellt nach einem standardisierten System. Wenn ein e ärztliche Information weitergehend notwendig ist, sitzen im Back-Office Ärzte, Allgemeinmediziner, die dann die entsprechende Auskunft geben."

Es gebe zu wenig nichtärztliches Personal im neuen System - diese Sorge äußert Ärztevertreter Johannes Steinhart von der Bundesärztekammer: Man sei an Vernetzungen und Kontakten interessiert, so habe man sich vor kurzem in Schleswig-Holstein ein Beratungszentrum angesehen. "Dessen Qualität bestand aber darin, dass dort nur Ärzte Auskunft geben. Dadurch können die viel eingehender beraten, als wenn irgendwelche angelernten Kräfte nach einer Checkliste beraten. Dass dieses System den Großteil der Patienten abfängt, kann man nur sagen, wenn man keine Ahnung hat, wie Medizin wirklich täglich läuft.".

Politik zuversichtlich

Ein Einwand, den die Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) nicht gelten lässt: "Auf diese Debatte lasse ich mich gar nicht ein." Modelle gebe es in der Schweiz und in Skandinavien, wo die Gesundheitsversorgung gut sei. "Die wesentliche Frage wird sein, wird das der Patient, die Patientin annehmen oder nicht."

Der niederösterreichische Gesundheitslandesrat Androsch versichert, wer einen Arzt braucht, wird auch einen bekommen. Aber man wisse von den Erfahrungen mit der Notarztnummer 141, dass rund die Hälfte der Anfragen keine ärztliche Intervention benötigten, sondern die Auskunft ausreiche.

Auch der Vorarlberger Gesundheitslandesrat Bernhard (ÖVP) hat keine Bedenken, wenn da aufs erste nicht gleich ein Arzt den Telefonhörer abhebt bzw. E-Mails schreibt. Er sei als Arzt am Anfang auch sehr skeptisch gewesen und habe sich das System genau angesehen. Aber es gehe nicht um den Ersatz von Ärzten, sondern um eine gesicherte Beratung mit Personal für Spezialfragen im Hintergrund. "Ich bin überzeugt, das kann gelingen. Das ist auch bei den System in der Schweiz so."