Kritik an Gendering in der Sprache

Seit einem offenen Brief, in dem 800 zum Teil sehr namhafte Persönlichkeiten die Abschaffung des Binnen-I und weiterer Abkürzungen fordern, weil Texte dadurch unleserlich gemacht würden, ist die Debatte um gegenderte Sprache wieder voll entbrannt. Während die Frauensprecherinnen von SPÖ. Grünen und NEOS daran festhalten wollen, schließen sich die ÖVP, die Freiheitlichen und das Team Stronach den AbschafferInnen an.

Konservative: Binnen-I bringt nichts

Dorothea Schittenhelm ist nicht nur Chefin der ÖVP-Frauen, sondern auch Bürgermeisterin. In ihrem Gemeindeamt wird im Schriftverkehr das Binnen-I verwendet. Doch die Erfahrungen damit seien nicht sehr gut, sagt Schittenhelm: "Das verursacht natürlich bei den Bürgerinnen und Bürgerinnen manchmal Verwirrung, weil sie das nicht ganz verstehen. Und daher bin ich ganz klar, dass wir sagen, wir schaffen dieses Binnen-I ab, und machen wieder eine ganz korrekte Verwendung der männlichen und weiblichen Form. Das heißt, Friseur, Friseurin, da gibt es kein Hineininterpretieren, sondern eine ganz klare, verständliche Sprach- und Schreibform".

Dass damit amtliche Texte zu lang ausfallen könnten, wenn die männliche und die weibliche Form immer voll ausgeschrieben werden, lässt Schittenhelm nicht gelten: "Die Buchhalterin und der Buchhalter - das wird die Republik aushalten müssen".

Ganz klar für die Abschaffung des Binnen-I ist auch die Frauensprecherin der Freiheitlichen Carmen Gartelgruber: "Ich glaube diese sprachliche Verunglimpfung ist keine frauenpolitische Maßnahme. Ich glaube, dass eine faktische Gleichstellung nicht nur mit einer Großschreibung beginnt, sondern dass diese ganze Maßnahme eigentlich nur eine Verschleierung ist, dass frauenpolitisch in den letzten 20 Jahren gar nichts weitergegangen ist."

Und auch Martina Schenk vom Team Stronach spricht vom "überbordenden Gender-Wahn". Ein Binnen-I habe noch keiner Frau mehr Chancen auf Gleichstellung gebracht.

Frauen sollen nicht nur "mitgemeint" sein

Aussagen wie diese rufen die Frauensprecherin der SPÖ auf den Plan. So wie für ihre Parteikollegin Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek ist auch für Gisela Wurm die Abschaffung des Binnen-I ein völlig falsches Signal: "Meines Erachtens sollte das binnen-i beibehalten werden. Wenn jemandem eine bessere Formulierung, eine besser Variante einfällt -jederzeit. Nur, dass Frauen im Jahr 2014 immer nur 'mitgemeint' werden sollen, dafür bin ich nicht. Was nicht benannt wird, existiert nicht, ist unsichtbar".

Sprache schafft also Bewusstsein. Davon ist auch die Grüne Judith Schwentner überzeugt: "Wenn ich sage, ich gehe zum Arzt, dann kommt in Ihrem Kopf ein anderes Bild auf, als wenn ich sage ich gehe zur Ärztin. Das Binnen-I ist eine Variante das zu formulieren. Mir erscheint das im Moment die einfachste zu sein."

Auch für Beate Meinl-Reisinger von den NEOS hätte die Abschaffung des Binnen-I eine falsche Symbolik.

Keine verbindliche Regelung

Das Binnen-I ist übrigens nicht per Gesetz geregelt. Das Gesetz schreibt nur die Gleichbehandlung in amtlichen Texten vor. Mögliche Formulierungen werden in Richtlinien z.B. des Bundeskanzleramtes oder der Ministerien empfohlen. Grundlage dafür ist wiederum die ÖNORM des österreichischen Normungsinstituts Austrian Standards. Dieses Institut will angesichts der neu entbrannten Debatte um das Binnen-I nun im Herbst ein Dialogforum zum sprachlichen Gendern veranstalten, um so vielleicht zu einer Lösung zu kommen.

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