Künstliche Befruchtung: ÖVP erwägt freie Abstimmung

Samenspenden für lesbische Paare, außerdem Eizellenspenden, Samenspenden Dritter bei der Befruchtung im Reagenzglas und - eingeschränkt zumindest - die Untersuchung befruchteter Eizellen vor der Einpflanzung: Das soll ein neues Gesetz zur Fortpflanzungsmedizin bringen. ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner hat heute in mehreren Printmedien dazu gesagt: Über diese heikle Novelle kann er sich eine freie Abstimmung im Parlamentsklub der Volkspartei vorstellen - das freie Mandat der Abgeordneten ist sonst meist Theorie. Im ÖVP-Klub selbst gibt es heute viel Zustimmung zu einer freien Abstimmung. Denn die Haltungen bei den Mandataren gehen zum Teil weit auseinander.

Samenspenden in einem Kühlbehälter

DPA/ULI DECK

Mittagsjournal, 20.11.2014

Die Meinungen sind geteilt im ÖVP-Klub. Klar gegen den Gesetzesentwurf ist Behindertensprecher Franz-Joseph Huainigg - vor allem wegen der Prä-Implantations-Diagnostik, die als Ausnahme kommen soll. Etwa, wenn die Gefahr besteht, dass das Kind nicht lebensfähig ist. Huainigg sagt zur geplanten Novelle, es werde unterschieden, ob das Leben wert oder unwert sei.

Lebenswert oder nicht: Mit dieser Entscheidung könnten sich Eltern irgendwann nicht mehr zufrieden geben, die Gesetze müssten dann in einem weiteren Schritt ausgedehnt werden, so wie in Ländern wie Großbritannien, befürchtet Huainigg. Dann gehe es um Geschlecht, Augenfarbe, um den perfekten Mensch.

Huainigg wird einer Untersuchung befruchteter Eizellen vor der Einpflanzung solange nicht zustimmen, solange nicht auch bei Spätabtreibungen Änderungen kommen: nämlich eine bessere fachliche Beratung betroffener werdender Eltern.
Anders ÖVP-Frauensprecherin Dorothea Schittenhelm, sie sieht in einer eingeschränkt möglichen Prä-Implantations-Diagnostik, kurz PID, Vorteile. Das sei im Sinne der Frauen.

Schittenhelm wird für den Gesetzesentwurf stimmen. Ebenso ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger, obwohl er Bedenken von Behindertenvertretern nachvollziehen kann.

Eine freie Abstimmung statt des üblichen Klubzwangs: Für Klubobmann Reinhold Lopatka ist das bei der Fortpflanzungsmedizin ein Zeichen der Stärke der ÖVP.

Wie er selbst abstimmen wird, will Lopatka nicht sagen: Zuerst wolle man noch die Stellungnahmen von Experten prüfen.

Noch bis 1. Dezember läuft die Begutachtungsfrist zum Gesetz, das Justizminister Wolfgang Brandstetter gemeinsam mit SPÖ-Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser vorgelegt hat. Über die Novelle abgestimmt werden wird Anfang des nächsten Jahres.