Gelungene "Macbeth"-Premiere an der Staatsoper

Erste Premiere dieser Saison an der Wiener Staatsoper: Verdis "Macbeth", der nach sechs Jahren Abwesenheit wieder auf dem Spielplan des Hauses zu finden ist. Inszeniert hat der deutsche Regisseur Christian Räth, am Pult des Staatsopernorchesters stand mit Alain Altinoglu der neue Musikdirektor des Théatre de la Monnaie in Brüssel.

Es sangen George Petean (Macbeth), Ferruccio Furlanetto (Banquo), Tatiana Serjan (Lady Macbeth) und Jorge de Leon (Macduff): großer Applaus und Bravorufe für alle Solisten, den Dirigenten und den Chor der Wiener Staatsoper. Ö1 überträgt live am 10. Oktober.

Morgenjournal, 5.10.2015

Der Geheimdienst frisst seine Kinder, dient jedem der Potenz hat an die Macht zu kommen - durch Mord versteht sich. In Christian Räths Inszenierung sind es nicht die schottischen Könige, die gemeuchelt werden, sondern Diktatoren, deren Mörder, begleitet von Geheimdienstmitarbeitern, die Macht erlangen und wieder gemordet werden. Eine Kette die sich endlos fortsetzen lässt. Christian Räth setzt Macbeth irgendwo im Heute an. Allein um die Hexen kommt er nicht herum. Die sind allgegenwärtig - Weißhaarige Wesen in Militärmänteln. Eine Mischung aus Lady und Macbeth, wenn man so will.

Die Bühne von Gary McCann besteht in erster Linie aus grauen Mauern, die sich verschieben lassen. Zu Beginn strahlen sie so etwas wie schottischen Grusel aus, was sich schlagartig ändert, wenn Uniformen und Geheimdienstmitarbeiter in Anzug mit Sonnenbrille das Bild bestimmen. Zwischendurch gibt es eindrucksvolle Licht-Schatten-Effekte: Wenn beispielsweise Banquos Geist als überdimensionaler - Macbeth fast erdrückender - Schatten erscheint.

Am Pult des Wiener Staatsopernorchesters steht erstmals bei einer Premiere Alain Altinoglu, der sich für Verdis zweite "Macbeth"-Fassung von 1865 entschieden hat. Das Ballett wurde auf Wunsch des Regisseurs gestrichen. Als Banquo war mit Ferruccio Furlanetto einer der ganz großen Wiener Publikumslieblinge zu hören, Jorge de León war ein überragender Macduff und in der Titelpartie debütierte der rumänische Bariton George Petean. Es war sein Rollendebüt, bei dem er bis an die Grenzen seiner Möglichkeiten ging. Mit seiner letzten Arie "Pietà, rispetto, amore" überzeugte er das Publikum schließlich. Als Lady war erstmals an der Wiener Staatsoper Tatjana Serjan zu hören - sie war die Lady der Salzburger Festspiele 2011.

Am Ende des Abend gab es großen Applaus und Bravorufe für alle Solisten, den Dirigenten und vor allem - und das zu Recht - den Chor der Wiener Staatsoper, der an diesem Abend wirklich über sich selbst hinausgewachsen ist. Etwas gedämpftere Bravorufe bekam das Leading Team. Bis Ende der Saison sind zehn Vorstellungen von Macbeth angesetzt.