Französischer Ausnahmedirigent in Wien

Bei Verdis "Macbeth", der ersten großen Premiere dieser Saison an der Wiener Staatsoper, steht mit Alain Altinoglu einer der interessantesten und vielversprechendsten Dirigenten seiner Generation am Pult. Premiere ist am Sonntag, am Samstag, den 10. Oktober überträgt Ö1 die dritte Aufführung live.

Alain Altinoglu

MARCO BORGGREVE

Kulturjournal, 29.9.2015

Herzenssache Verdi

Alain Altinoglu steht hochgespannt vor dem Orchester, seine hellen grünen Augen funkeln in seinem von dunklen Locken umrandeten, scharf gezeichneten Gesicht. Und diese Spannung lässt nicht nach, wenn er die Einsätze für Sänger und den hochmotiviert wirkenden Chor gibt, der in "Macbeth" ja eine besondere Rolle spielt. Verdi ist für Alinoglu Herzenssache. Er, der türkisch-armenischer Abstammung ist, aber schon als Franzose in Paris auf die Welt kam, liebt Verdi.

Wir einigen uns darauf, ihn Alain Altinoglu, also französisch-deutsch auszusprechen. Aber das alles ist für den fast vierzigjährigen Dirigenten nicht so wichtig. Für ihn zählt nur die Musik, die er quasi mit der Muttermilch mitbekam, ist doch seine Mutter Pianistin, und Altinoglu selbst ist ja auch Pianist.

Oper von der menschlichen Seele

Altinoglu hält sich bei der Premiere an der Wiener Staatsoper an die zweite, spätere Fassung von Verdis "Macbeth". Denn bei den meistern Opern wähle er die spätere Version, weil Komponisten wie auch Verdi da in allem bereits viel erfahrener und auch weiter gewesen seien.

Tatiana Serjan singt die Lady Macbeth. Die Russin hat diese Rollen schon mit riesigem Erfolg unter Muti und Stein bei den Salzburger Festspielen gesungen. Ihr zur Seite steht der gebürtige Rumäne George Petean als Macbeth, vergeblich wischen sie das Blut ihrer Morde weg. "Macbeth" sei für Altinoglu so modern, nicht nur wegen der Musik, sondern weil die Oper ganz tief von der menschlichen Seele spreche, ohne jegliche Konzessionen.

Musikdirektor der Brüsseler Oper

Altinoglu wird im Jänner das Theater de la Monnaie in Brüssel übernehmen, und er freut sich schon sehr, diese schöne Verantwortung zu übernehmen mit dem Intendanten Peter de Caluwe. Dann wird er weniger reisen können, auch an die Wiener Staatsoper, was für uns natürlich ein Verlust ist. Er ist sich der Tradition des Hauses in Brüssel bewusst, das immer Oper ins Heute brachte - durch die Regie, durch die musikalische Auffassung. Er strebt sehr unterschiedliches Repertoire an, was genau, das darf er noch nicht sagen, denn er muss es zuerst natürlich in Belgien verlautbaren.