Wahl-Hotline rät zu Klebergebrauch

Eine junge Wienerin wollte sich nicht damit abfinden, dass ihre Stimme verloren ist. Sie hat bei der Wahl-Hotline des Innenministeriums angerufen und den Rat bekommen: Sie soll das Kuvert einfach mit einem Kleber selbst zukleben.

Mittagsjournal, 9.9.2016

Was sollen Bürger nun tun, die beschädigte Wahlkartenkuverts bekommen? Und was tun jene, die die Wahlkarte schon ausgefüllt haben und erst dann bemerken, dass der Kleber aufgeht. Jetzt heißt die Devise vielleicht: einfach abwarten, ob es noch einmal heißt, Zurück zum Start. Eine junge Wienerin wollte sich jedenfalls nicht damit abfinden, dass ihre Stimme verloren ist. Sie hat bei der Wahl-Hotline des Innenministeriums angerufen. Dort hat sie einen bemerkenswerten Rat bekommen. Wahlordnung hin oder her - sie soll das Kuvert einfach mit einem Kleber selbst zukleben.

"Mit Uhustick"

Uhustick machts wieder gut - so lautet kurz gefasst der Rat, den die 29jährige Krankenschwester bei der offiziellen Hotline des Innenministeriums erhält: „Ich hab ihm meinen Fall geschildert und er hat mir zu verstehen gegeben, das meine Wahl ungültig ist. Ich hab ihm zu verstehen gegeben, dass ich das nicht richtig finde, da ich mein Recht auf die Wahl wahrnehmen möchte und nichts für die Situation kann. Er hat gemeint, ich kann nichts tun. Und dann kam der Vorschlag, ich könnte ja mit einem Uhustick, soferne es nicht sichtbar ist, versuchen das Kuvert zu verschließen." Und die Dame möge diesen Rat aber bitte für sich behalten: "Ja genau so wurde das angeboten: Da wird aber nicht darüber gesprochen und das bleibt unter uns."

"Ihre Entscheidung"

Die Geschichte klingt so unglaublich, dass die Ö1-Mittagsjournalredaktion einen Testanruf bei der Hotline macht. Ja, wenn das Kuvert unterschrieben ist, dann haben Sie leider ungültig gewählt, so die Auskunft. Doch dann auf die Frage, ob man denn da wirklich gar nichts mehr machen könne kommt er wieder ins Spiel der Klebstoff. Möglichst unauffällig solle man ihn anwenden.

Zitat aus unserem Gespräch mit der Hotline: „Ahh-Was ich ihnen jetzt sag, hab ich Ihnen nie gesagt. Ahh Nachdem das Kuvert verklebt sein muss, können sie versuchen, das mit einem Kleber zuzukleben, allerdings müssten sie mehr oder weniger sicherstellen, dass es nicht wie manipuliert aussieht." Und auf meine Nachfrage wie das gehen soll, heißt es: Zitat: „Naja sowas Ähnliches wie Uhustick oder so irgendwas und dann vorsichtig verkleben, das ist aber ihre eigene Sache, weil wie gesagt - wenn man…“ Und das ist jetzt meine Entscheidung das zu tun, will ich wissen. Genau, Ja, das ist ihre Entscheidung, das zu tun. Zulässig ist es nicht-, wenn man von allerdings von außen nicht sieht, dass da etwas manipuliert wurde, dann wird ihre Stimme normal gezählt werden.“ Macht man sich damit nicht strafbar, frage ich-, „Sag ma einmal so: wer will ihnen nachweisen, dass Sie das waren?“

Diese Auskunft widerspricht allem, was das Innenministerium bisher über den Umgang mit offenen Wahlkartenkuverts kommuniziert hat. Ministeriumssprecher Alexander Marakovics am Samstag bei uns im Ö1-Morgenjournal: Die 29jährige Krankenschwester war daher ähnlich überrascht wie wir, "wobei ich sehr erstaunt war, dass mir das überhaupt von einer offiziellen Behörde vorgeschlagen wurde, eine Dokumentenmanipulation zu begehen."

Sie hat ihr Wahlkuvert entgegen dem Rat nicht selbst verklebt. Sie will, dass die Bundespräsidentenwahl ordnungsgemäß durchgeführt wird. "Ich möchte, dass meine Stimme gültig ist und dass diese fehlerhaften Kuverts ausgetauscht werden. Also das könnte man ja jeder Bezirksbehörde melden, dass ich ein Kuvert bekomme, das in Ordnung ist. Und wenn nicht, muss man die Wahl verschieben und alle Kuverts noch einmal machen. Aber so funktioniert das nicht."

Ermittlungen laufen

Mit dem Vorfall konfrontiert, sagte Innenministeriumssprecher Alexander Marakovits: "Es laufen Ermittlungen in straf-, disziplinar- und dienstrechtlicher Hinsicht. Sollte sich der Verdacht erhärten, dann sind auch die Konsequenzen ganz klar. Das heißt, der mutmaßliche Verursacher oder die mutmaßliche Verursacherin wird definitiv zur Verantwortung gezogen werden."

Mittagsjournal, 10.9.2016