Marie Kreutzers Bobo-Eltern-Komödie
In ihrem neuen Spielfilm "Was hat uns bloß so ruiniert" begleitet die österreichische Filmemacherin Marie Kreutzer drei Paare beim Elternwerden. Eine zwar aus Befindlichkeiten herauserzählte, aber auch amüsante Milieustudie über das Erwachsenwerden von ewig jugendlichen Mittdreißiger-Bobos.
8. April 2017, 21:58

Vicky Krieps (Stella), Manuel Rubey (Chris)
JUHANI ZEBRA/THIMFILM
Mittagsjournal, 20.9.2016
Wie beschreibt man ein Lebensgefühl, ein Lebensmodell? David Brooks, Kolumnist der "New York Times" hat sich im Jahr 2000 daran versucht, und die aufstrebende städtische Jugend, mit ihrem oft ambivalenten Lebensstil als "Bobos" zusammengefasst. Da passen Konsumkritik und Markenfetischismus zusammen, das Streben nach Karriere und zugleich eine nonkonformistische Haltung.
Ewig jugendliche Erwachsene, die die Regisseurin Marie Kreutzer in ihrem Film "Was hat uns bloß so ruiniert" beim Eltern-/Erwachsenwerden begleitet. Kreutzer hat mit "Die Vaterlosen" und "Gruber geht" schon zwei viel beachtete Langfilme realisiert.
In den Hauptrollen ihres neuen Films sind unter anderem Vicky Krieps und Pia Hierzegger, Manuel Rubey und Andreas Kiendl zu sehen.
Elternsein ist schwer, Bobo-Elternsein schwerer
Drei Paare Mitte 30, es wird über Nachhaltigkeit diskutiert, im Hintergrund mahlt die neue Kaffeemaschine, der Joint macht die Runde und ganz beiläufig erzählt Stella, dass sie schwanger ist.
Regisseurin Marie Kreutzer ist selbst Mitte 30, Mutter, und wenn der Film auch nicht autobiografisch sei, so seien viele persönliche Erfahrungen eingeflossen. Es sei das Drehbuch, "das sich bis jetzt am leichtesten geschrieben hat", sagt Kreutzer.
Ideologien prallen aufeinander
Aber es bleibt nicht bei einer Schwangerschaft, denn bald schon sind alle drei Paare mit einer solch individuellen Grenzerfahrung konfrontiert, und Kreutzer lässt jungelterliche Weltanschauungen und Erziehungsideologien aufeinanderprallen. Das benutze die Regisseurin, um vom Erwachsenwerden dieser Figuren zu erzählen und auch von den Veränderungen, die die Freundschaften betreffen.
Die Idee zu diesem Film kam vom Produzenten, der Kreutzer eine Bobo-Eltern-Komödie nahelegte. Bobos, ein Sujet, das für die Regisseurin ambivalent, und gerade deshalb spannend gewesen sei. Interessiert habe sie "der Optimierungswahn auf allen Ebenen", sagt Kreutzer: "Dass man die ganze Zeit in einem Konflikt ist zwischen einem Pseudoindividualismus und einem Gefühl, Teil einer Gruppe sein zu müssen."
Amüsante Milieustudie
Die Ansprüche an sich selbst, die schon ohne Kind schwer einzulösen sind, treiben die Fallhöhe für die werdenden Mamis und Papis nach oben. Doch anstatt sie aufzubrechen, lässt Kreutzer ihre Figuren in den immer gleichen Klischees weiterschwimmen, ohne - zwischen Spinatsmoothie und Windelverzicht - auch unter den Oberflächen zu graben. Viel zu selten sind Szenen wie jene auf einem Spielplatz, wenn eine der Mütter ihre emotionale Achterbahnfahrt mit ein paar Songzeilen auf den Punkt bringt.
Und so ist Marie Kreutzers "Was hat uns bloß so ruiniert" vor allem eine amüsante, aus Befindlichkeiten herauserzählte Milieustudie, mit einigen pointierten Bildern und Dialogen. Eine Bobo-Eltern-Komödie für Bobo-Eltern, quasi der Leinwandbeweis, nicht allein zu sein mit der Fruchtsaftbar als neuer Stammkneipe.
Service
The New York Times - Bobos in Paradise