Blondes Mädchen, im Hintergrund Schwein

Iris Andraschek

Ausstellung

"Sekundäre Wildnis" von Iris Andraschek im Kunst Haus Wien

Seit Ende der 1990er Jahre schafft die österreichische Künstlerin Iris Andraschek fotografische und filmische Porträts von Menschen, die ihr Leben bewusst in der Natur verankert haben. Heute Abend wird ihre Ausstellung "Sekundäre Wildnis" im Kunst Haus Wien eröffnet.

Mittagsjournal, 28.6.2017

Sabine Oppolzer

Pflanzliche Selbstporträts

Im Innenhof des Kunst Haus Wien stehen derzeit mehrere hölzerne Pflanzenwagen, die aussehen wie Hochbeete auf Rädern. Es sind sogenannte "pflanzliche Selbstporträts" von Landwirten aus dem Wald- und Weinviertel. Auf diesen Kunstwerken wachsen exotische Pflanzen und ungewöhnliche Gemüsesorten, die von den Bauern gezüchtet wurden.

Daneben steht ein alter Bienenwagen aus Holz, in dem die Videoporträts von Iris Andraschek laufen. Etwa das der Saatgutvermehrerin Reinhild Emmelmann - sie hat eine Firma gegründet, die aus altem Saatgut neue stabile Sorten Züchtet und sagt "durch einmalige Kreuzungen schaffen wir sehr lebensfähige Nachkommen. Das ist etwas ganz anderes als Hybride zu züchten."

Überarbeitete Wildnis

Weitere Videoporträts sind einer Schriftstellerin gewidmet, für die ihr Garten ein Ort ist, an dem sie - metaphorisch gesprochen - im Schmutz und im Verbotenen graben kann. Genau wie sie es in der Poesie tut. Oder man lernt einen kanadischen Demeter-Bauern kennen, für den seine Arbeit einfach die sinnvollste auf der ganzen Welt ist. Ein Mann aus Mali beforscht seinen Boden, um herauszufinden, wie man auf winzigen Flächen hohe Erträge erwirtschaften kann.

Auch wenn diese Kunstinstallation im Innenhof des Kunst Haus Wien mehr einer Wildnis ähnelt als Kunst. Es ist beides: überarbeitete Wildnis. Schon der Untertitel der Schau, "Sekundäre Wildnis" verweist auf den Umstand, dass Begriffe wie Wildnis und Natur für die meisten Menschen hohes Sehnsuchtspotential haben, aber eigentlich jeder etwas anderes darunter versteht.

"Wildnis - ein Anachronismus"

Die Künstlerin Iris Andraschek erklärt: "Das Wort Wildnis ist eigentlich ein Anachronismus. Heute ist jede Natur von Menschen überarbeitet oder begangen worden. Da gibt es nur ganz wenige Orte auf der Welt, wo das nicht der Fall ist."

Warum Wildnis bei den Menschen in unserer hochtechnisierten Welt solche Sehnsüchte weckt, erklärt Iris Andraschek so: In Zeiten, in denen ein amerikanischer Präsident einfach bekannt gibt, die USA trete aus dem Pariser Klimaabkommen aus, wachse weltweit die Angst vor den Machenschaften der Wirtschaft. Unter anderem hat für Iris Andraschek die Verwendung von Giften in der Landwirtschaft ein beängstigendes Ausmaß angenommen.

Ungeschönt vs. überschön

Besonders spannend ist es, die Ausstellung von Iris Andraschek parallel zu der noch bis Ende August laufenden Edward-Burtynsky-Schau im Kunst Haus Wien zu sehen: hier die ungeschönte Wirklichkeit, die Gräser und Pflanzen im Verein mit Spinnweben, alten Stromkabeln und Blumendrähten zeigt, und dort die überschöne Landschaftsästhetik, die fast unwirklich malerisch mit Formen und Farben spielt. Beide Ausstellungen - gerade mit diesem Kontrast - unbedingt sehenswert.

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