Radiodoktor - Medizin und Gesundheit

Mit Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger.
Gehirndoping - Auf dem Weg zum Supermenschen?
Sendungsvorbereitung: Dr. Michaela Steiner
Redaktion: Dr. Christoph Leprich

Gehirndoping - Auf dem Weg zum Supermenschen?

Nicht nur körperlich, sondern auch geistig fitter und leistungsfähiger zu werden, gehört wohl zu den ältesten Träumen der Menschheit.
Der Hollywood Blockbuster "Ohne Limit" thematisierte vergangenes Jahr die Möglichkeit, mittels Designerdrogen aus einem durchschnittlichen einen superintelligenten Menschen zu formen, höchst effektvoll.
Schon immer suchten Menschen Mittel und Wege, um die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit zu sprengen. So sind die stimulierenden Wirkungen von Nikotin, Koffein, Kokain oder Cannabis bereits seit einigen tausend Jahren in verschiedenen Kulturkreisen bekannt.
Belastbarkeit, intellektuelle Höchstleistungen und Erfolg gehören besonders in der heutigen Gesellschaft zu den dominierenden Werten. Damit gewinnt die Verwendung von Substanzen, die das Gehirn stimulieren, zunehmend an Bedeutung. Dies wird als "Gehirndoping", in der Fachwelt als "Neuro-Enhancement" oder "Brain-Enhancement" bezeichnet. Dieser Versuchung unterliegen Studenten genauso wie Manager, Künstler und Ärzte sowie auch Jugendliche, die einfach nur ein Wochenende "durchmachen" wollen.
Die Palette der dazu verwendeten Substanzen reicht von Kaffee und Energy-Drinks über Psychostimulanzien wie Amphetaminen bis hin zu illegalen Drogen, seien es Designerdrogen oder Kokain.
In den USA herrscht eine liberale Einstellung in Bezug auf den Gebrauch von gehirnstimulierenden Substanzen. So heizen Experten aus den USA, aber auch aus Deutschland, die Debatte immer wieder an, indem sie die Legalisierung von gehirnsteigernden Maßnahmen fordern. In den USA dürfen mittlerweile etwa Amphetamine ganz offiziell als Neuro-Enhancer beworben werden. Aber auch Medikamente wie Ritalin, Donepezil und Modafinil oder Serotoninantagonisten werden zweckentfremdet und zur Steigerung von Gehirnleistungen oder als "Gute Laune"-Drogen geschluckt.
Doch werden die gewünschten Effekte tatsächlich erzielt? Welche Risiken und Langzeitfolgen bringt der längerfristige Konsum mit sich?
Die wissenschaftliche Datenlage zu diesem Thema ist nach heutigem Stand zum einen widersprüchlich, zum anderen fehlen Langzeitdaten.
Kurzfristig stellt sich bei einigen der erwähnten Substanzen tatsächlich der gewünschte Effekt einer schnelleren Auffassungsgabe und erhöhter Merkfähigkeit ein. Doch je ausgeprägter dieser Effekt ist, desto größer wird auch die Fehleranfälligkeit bei den zu bewältigenden Aufgaben. Und über einen längeren Zeitraum betrachtet scheint Gehirndoping keineswegs zu besseren Gedächtnisleistungen zu verhelfen.
Gesichert ist jedoch, dass die Verwendung von Neuro-Enhancern unerwünschte Wirkungen mit sich bringt. Abgesehen von körperlichen Nebenwirkungen ist bei manchen Substanzen das Abhängigkeits- und Suchtpotenzial erheblich, und der Langzeitgebrauch kann zu strukturellen Gehirn- mit nachfolgenden Persönlichkeitsveränderungen führen.
In Europa wird diesem Thema bis jetzt nur wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Und das, obwohl in einer Umfrage der deutschen Angestellten-Krankenkasse aus 2009 immerhin 20 Prozent der Befragten jemanden kannten, der Gehirndoping betreibt.
Diesmal diskutiert Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger mit seinen Sendungsgästen über den tatsächlichen Effekt und die Gefahren von Neuro-Enhancement und über die Frage, ob es jemals eine ungefährliche Substanz zur Steigerung von Gehirnleistungen geben kann.

Service

Prim. Univ.-Prof. Dr. Josef Marksteiner
Leiter der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie A
Landeskrankenhaus Hall
Milser Straße 10
A-6060 Hall in Tirol
Tel.: +43/50504/33000
E-Mail
Abteil. f. Psychiatrie und Psychotherapie

Univ.-Prof. Dr. Harald Sitte
Zentrum für Physiologie und Pharmakologie, Institut für Pharmakologie, Medizinische Universität Wien
Währingerstraße 13a
A-1090 Wien
Tel.: +43/1/4277/64123
E-Mail
Zentrum für Physiologie und Pharmakologie

Mag. pharm. Heinz Haberfeld
Landschaftsapotheke
Hauptplatz 13
A-2500 Baden
Tel.: +43/2252/86315
E-Mail
Landschaftsapotheke

Schweizer Studie zum Thema Medikamentenwirkung, Doping und Leistungssteigerung
Deutsche Angestellten-Krankenkasse - Doping am Arbeitsplatz
Deutsche Angestellten-Krankenkasse - Die Arbeitswelt wandelt sich
"Doping im Beruf: "Risiken und Nebenwirkungen' der Wettbewerbsgesellschaft?" - Artikel im "Ärzteblatt"
"Doping ist in der Oper längst Alltag" - Artikel in der "Presse"
"Doping für den Alltag" - Artikel in der "Süddeutschen"
"Gehirndoping für alle? - Wie Pillen uns wacher und gescheiter machen sollen" - Artikel auf oe1.orf.at
"'Badesalz'-Drogen schockieren US-Mediziner" - Artikel im "Spiegel"
Doping fürs Hirn: "Sinnlos, riskant und teuer"
"Gehirndoping" unter Wissenschaftlern weit verbreitet
"Glücksboten am Golf" - Artikel in der "TAZ"

Ashkan Yousefi-Darani, "Doping im Beruf", GRIN Verlag 2010

Mario Stenz, "Leistungsgesellschaft und Doping: "High Society" - über Leistungsprinzip und Alltagsdoping", Grin Verlag 2009

Bernd Sprenger, "Die Illusion der perfekten Kontrolle", Kösel-Verlag 2009

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