17. Mitglied der Euro-Zone

Estland führt Euro ein

Am 1. Jänner 2011 bekommt auch Estland die europäische Gemeinschaftswährung. Der baltische Staat gilt unter anderem wegen seiner niedrigen Staatsverschuldung und seiner Preisstabilität als EU-Musterschüler. Allerdings ist die Arbeitslosigkeit im Land als Folge der Wirtschaftskrise immer noch hoch.

Mittagsjournal, 30.12.2010

1. baltischer Staat führt Euro ein

Estland wird der 17. Mitgliedsstaat der Eurozone und der erste baltische Staat, der den Euro bekommt. Der estnische Finanzminister Jürgen Ligi sieht für sein Land durch die Euro-Einführung klare Vorteile: "Der Euro ist gut für die Wirtschaft. Geldgeber werden Estland wieder vertrauen und hier investieren. Das ist gut für die Region, denn Märkte trauen den kleinen Währungen nicht."

Sparkurs statt höhere Ausgaben

Estland hat auf die Wirtschaftskrise nicht wie andere Länder mit höheren Ausgaben, sondern mit einem strengen Sparkurs reagiert: So wurden etwa die öffentlichen Löhne und die Pensionen drastisch gesenkt. Die für den Euro-Beitritt nötigen im Vertrag von Maastricht festgelegten Kriterien erfüllt Estland klar: Die Staatsverschuldung liegt 2010 mit rund 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, kurz BIP, weit unter der Maastricht-Grenze von 60 Prozent des BIP. Zum Vergleich: In Österreich liegt die Staatsverschuldung 2010 bei rund 70 Prozent des BIP. Und weil die bisherige Währung, die estnische Krone, in der Vergangenheit an die harten Währungen D-Mark und Euro gekoppelt war, erfüllt Estland auch das Kriterium der stabilen Preise.

"Keine schwierige Umstellung"

Wegen dieser Bindung an den Euro wird die Einführung der Gemeinschaftswährung für Estland keine große Umstellung sein, glaubt Wirtschaftsforscher Fritz Breuss: "Die Umstellung ist sicher viel weniger schwierig als für Länder wie Griechenland, Portugal, Spanien und Italien, die vorher, wenn es Probleme mit der Wettbewerbsfähigkeit gegeben hat, immer abwerten konnten. Das hat Estland bisher nicht gebraucht."

Hohe Arbeitslosenrate

Die Maastricht-Kriterien erfüllt Estland zwar, im sozialen Bereich gibt es aber Probleme: Das Land wurde wie auch die anderen baltischen Staaten von der Wirtschaftskrise hart getroffen, dadurch ist die Arbeitslosigkeit stark angestiegen, und das Arbeitslosengeld wurde im Zuge des harten Sparkurses reduziert. Die OECD, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, warnt vor steigender Armut im Land - und sowohl Experten als auch weite Teile der Bevölkerung bezweifeln, dass sich durch die Euro-Einführung die soziale Lage bessert.

Hohe Preise erschweren Exporte

Wegen der hohen Arbeitslosigkeit ist zudem die Inlandsnachfrage schwach, und auch in Sachen Wettbewerbsfähigkeit - ein Punkt, der in den Maastricht-Kriterien nur bedingt berücksichtigt wird - hinkt Estland hinterher. So sind die Lohnkosten im Land hoch, das führt dazu, dass die Produktion teuer ist und hohe Preise Exporte erschweren, sagt Wirtschaftsforscher Breuss: "Und das spiegelt sich auch in der Entwicklung der Handels-und Leistungsbilanz, die bisher immer negativ war." Breuss geht aber davon aus, dass die Einführung des Euro die estnischen Exporte etwas erleichtern werde.

Sekpsis in der Bevölkerung

In der estnischen Bevölkerung steht man der Euro-Einführung aber noch skeptisch gegenüber, da sie zu einer Zeit kommt, in der der Euro wegen der wirtschaftlichen Probleme von Ländern wie Irland, Griechenland, Spanien oder Portugal auf eine harte Probe gestellt ist, und Estland sich sofort nach der Euro-Einführung mit insgesamt 128 Millionen Euro am Hilfspaket für Irland beteiligen muss.