Gedanken für den Tag

7. März 2013, 06:56

Religiöse Toleranz und Vielfalt sind ein Merkmal der indischen Kultur. Im Süden Indiens, wo dravidische Sprachen gesprochen werden, die vermutlich auf Indiens Ureinwohner zurückgehen, heißt das Holi-Fest anders, nämlich Kamadahana. Bei diesem Frühlings-, Erntedank- und Neujahrsfest gibt es wie beim nordindischen Holi-Fest ein Feuerritual, doch die dazugehörige Geschichte handelt nicht von Gott Vishnu, sondern von Gott Shiva.
Ein Dämon hatte Macht über die Götter bekommen und selbst der mächtige Vishnu konnte ihn nicht besiegen. Schließlich finden die Götter heraus, dass nur ein Sohn des Gottes Shiva den Dämon töten könne. Doch Shiva hat sich zur Meditation in den Himalaya zurückgezogen, ebenso seine Frau Parvati. Da schicken die Götter einen Boten zu Kama, dem Gott der Lust und des Begehrens, mit der Bitte, einen seiner Pfeile auf Shiva abzuschießen, damit das göttliche Paar sich vereint. Kama nähert sich Shiva mit gespanntem Bogen - und zögert. Verärgert über die Störung öffnet Shiva die Augen und erblickt Kama. Da verbrennt Feuer aus Shivas Augen den Gott des Begehrens. Parvati, Shivas Frau, aber klagt: Ohne Kama gibt es zwischen Männern und Frauen keine Anziehung. Wer kann dann noch glücklich werden, o Herr der Welten? Da lässt Shiva den Gott des Begehrens wiedererstehen - ohne Gestalt und beweglich wie der Wind.
So bleibt das Begehren in der Welt. Denn Gott Shiva gilt zwar als Asket, doch auch als großer Liebender. Ihm sind viele mystische Liebeslieder gewidmet, wie dieses der südindischen Mystikerin und Dichterin Akka Mahadevi, die im 12. Jahrhundert lebte:

Wie ein Schatz im Boden
Geschmack in der Frucht
Gold im Gestein
Ist Gott verborgen
Im Herzen.
Niemand kann seine Wege kennen.
Schöner kann man die göttliche Qualität in den Herzen der Menschen wohl nicht ausdrücken.

Service

Buch, Martin Kämpchen (Hg.), "Die schönsten Gebete des Hinduismus", Verlag Herder
Buch, Martin Kämpchen (Hg.), "Krishnas Flöte", Herder Texte zum Nachdenken
Buch, Peter Schreiner, "Bhagavad-Gita. Wege und Weisungen", Verlag Benziger

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