Ö1 bis zwei - le week-end

15. August 2015, 13:10

Als flatterhaftes Nachtgeschöpf erobert Josephine Baker die Pariser Bühnen, und sie transferiert mit wenig Stoff auf der Haut und umso mehr verbalen Doppelbödigkeiten das freizügige Jazz-Age an die Seine. Und wenn Josephine Baker in den 1920er Jahren ausgerechnet Zuckerrohr servierte und zweideutig behauptete es sei ihre liebste Nachspeise, dann kam der Subtext auch in den hintersten Reihen eindeutig an. Voulez-vous de la canne a sucre.

Und in diesen Jahren in Paris beschließt ein junger Komponist genau das zum Gegenstand eines ganzen Balletts zu machen: Die Personifizierung des Prinzips kokett angedeuteter Verführungskunst ganz ohne darüberhinausgehende überflüssige Rahmenerzählung. Der Impresario Sergej Diaghilev will 1924 ein neues Ballett für seine Truppe und fragt nach bei Francis Poulenc. Und der reduziert das Genre Ballett auf sein Ureigenstes, nämlich vertanzte Erotik in Pas des Deux, Pas de Trois und so weiter. 16 leicht bekleidete Mädchen und drei muskulöse Männer vergnügen sich und das Publikum fünf Sätze und zwanzig Minuten lang. Dem Komponisten war die Ambivalenz seiner handlungslosen Andeutungen durchaus bewusst. Man könne, so merkt er an, in diesem Ballett einfach nur Nichts sehen. Oder auch das Ärgste. Für Letzteres müsse man nur ausreichend verdorben sein.

"Les Biches" nannte der Komponist Francis Poulenc sein frivoles Stück und so anspielungsreich seine Musik ist, so sehr ist das auch schon der Titel: Jean-Antoine Watteau hinterließ ein Bild mit dem unzweideutigen Titel "Les plaisirs de l'amour". Ein halbes Dutzend Hofdamen flirten und schmachten darauf mit dem König und miteinander. Die Szene spielt im Freien und zwar - und hier beginnt Poulencs Verweisspiel -angeblich im königlichen Wildgarten und der heißt "Parc aux Biches". Das Wort Biche kann auf Französisch zwar umgangssprachlich ein kokettes, verführerisches Mädchen meinen, im eigentlichen Wortsinn aber bedeutet es Hindin, also Hirschkuh. Verweisspiele hin oder her, ein Spiel mit Gott Eros ist es auf jeden Fall, Francis Poulenc und seine Version der plaisirs de l'amour.

Service

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Sendereihe

• Le week-end

Gestaltung

• Elke Tschaikner
• Christian Scheib