Gedanken für den Tag

10. September 2015, 06:56

Im Hier und Jetzt daheim

Die Gesellschaft lässt sich Talente und Chancen entgehen, wenn sie den Talenten keine Chance gibt. Der erste Schritt zur erfolgreichen Integration ist selbstverständlich die Sprache. Das sehe ich immer wieder deutlich am Beispiel von Kindern und Jugendlichen, die nach der Flucht vor Krieg und Gewalt hierher nach Österreich kommen. Und die nächsten Schritte sind Bildungsmöglichkeiten, soziale Durchmischung und ein gemeinsamer Lernprozess. Das Ankommen benötigt Schmelztiegelbereitschaft aller Beteiligten. Aber üblicherweise - und wenn nicht schon zuvor Gravierendes fehlgelaufen ist - will jedes Kind Teil seiner Umgebung sein und mit ihr in engen Kontakt treten. Insofern ist diese Bereitschaft zumeist von Haus aus gegeben. Die Schule hat die Aufgabe, die neue Realität schrittweise näher zu bringen, denn um Anzukommen, ist es unumgänglich den eng gesteckten geschützten Rahmen einer Betreuungsstelle auch irgendwann zu verlassen und sich in Klassen der öffentlichen Schulen hinaus zu wagen. Eine junge Äthiopierin, die mit 15 Jahren nach Österreich gekommen ist, und vor einigen Jahren hier maturiert hat, hat einmal gemeint: "Mein erstes Jahr in der Hauptschule, das war ein Crash-Kurs in österreichischer Jugendkultur." Integration ist nur in Kommunikation mit dem Alltag der anderen, mit dem Austausch mit Gleichaltrigen möglichen: sie zeigen am effektivsten vor, wie der Alltag hierzulande abläuft, und das Lernen geschieht hier noch spielerisch und leicht. Das Miteinander wird auch von Experten als die bessere Lösung benannt. Die neuen Schülerinnen und Schüler brauchen keine eigenen Klassen, aber sie brauchen sicherlich zusätzliche Hilfslehrer. Das Abschieben der Jugendlichen in eigene Klassen würde sie in genau jene Segregation zurückwerfen, die sie von dem Miteinander weiter abhalten wird.

Service

Kostenfreie Podcasts:
Gedanken für den Tag - XML
Gedanken für den Tag - iTunes

Sendereihe

• Gedanken für den Tag