"Man kommt über das Ohr an tiefere Schichten heran"

Sandra Bohle, Dramaturgin

"Das sind die Momente, die ich besonders mag, wenn ich hängen bleibe bei etwas, wenn ich überrascht werde, beschenkt mit einem Gedanken, den ich weiter führen kann", so Film-Dramaturgin Sandra Bohle-Spielmann über "ihren" Radiosender Ö1.

Ich höre seit fast 20 Jahren Ö1 und seit mindestens zehn Jahren ausschließlich diesen Sender. Ich habe damit während meines Studiums angefangen und seit heuer weiß ich auch, dass mein Lieblingssender so alt ist wie ich. Das gefällt mir.

Ö1 ist für mich mehr als nur Information, weil es inspirierend und anregend ist. Ich habe mir z.B. schon oft Bücher gekauft, von denen ich im Radio gehört habe oder ich habe mehr über Leute recherchiert, die ich übers Radio kennen gelernt habe. Ich empfehle auch manchmal meinen Studenten und Studentinnen (der Filmakademie, Anm.) diverse Sendungen.

Ich höre übrigens fast ausschließlich Sprechsendungen. Features am liebsten. Bei Musik dreh' ich meistens ab, außer bei "Spielräumen". Musik höre ich deshalb nicht so gern, weil ich mir das selber aussuche, je nach Stimmung und es ist selten so, dass im Radio grad das richtige kommt.

In meiner Branche, beim Film, ist das Verhältnis von Bild und Ton ein interessantes. Der Ton erweckt die Bilder so richtig zum Leben, gibt ihnen Tiefe und schafft eine Verbindung. Das ist schön am Hören, dass es vertiefend ist. Die Stimme, der Klang sind mir wichtig. Mir scheint auch, über das Ohr kommt man näher an das Nicht-Bewusste heran.

Das Ohr ist viel genauer als das Auge. Wenn ich nur höre, bin ich viel genauer und aufmerksamer. Deshalb mag ich das gern. Man spürt ja auch über den Klang, was zwischen den Zeilen liegt. Ich fühle mich den Stimmen, die mir aus dem Radio vertraut sind, sehr verbunden. Das Hören verbindet mich irgendwie mit der Welt, gibt mir ein Gefühl der Ganzheit. Und wenn ich dann - wie in "gehört" - das Bild zur Stimme sehe, das überrascht, das macht es dann wieder fremd, weil ich drauf komme, "Den kenn' ich ja gar nicht".

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Lukas Beck