Erste Gesamtretrospektive mit rund 300 Fotografien
Barbara Pflaum im Wien Museum
Kaum ein Fotograf hat den Bildjournalismus im Nachkriegs-Österreich so geprägt wie Barbara Pflaum. Die "First Lady der Pressefotografie" wurde sie genannt. Eine umfassende Retrospektive ihrer Werke ist noch bis 18. Jänner 2007 im Wien Museum zu sehen.
8. April 2017, 21:58
Das Wort "Bildchronistin" wird Barbara Pflaum nicht gerecht. Zwar hat die langjährige Grande Dame der "Wochenpresse" den Bildjournalismus im Nachkriegs-Österreich geprägt und eine fast lückenlose Chronik von Politik, Kultur und Gesellschaft der 1950er, 1960er und 1970er Jahre hinterlassen, die Fotografin war aber viel mehr, wie die aktuelle Ausstellung "Photo: Barbara Pflaum" im Wien Museum Karlsplatz noch bis Donnerstag, dem 18. November 2007, zeigt.
Arbeiten mit nur einem Objektiv
"Sie war die 'First Lady' der Pressefotografie", meint Wien-Museum-Direktor Wolfgang Kos, "eine Autorenfotografin, die in Mikrosituationen Zeitrelevantes spürte." Kos weist darauf hin, dass gerade bei zeitgeschichtlich relevanten Themen immer wieder Bilder von der Fotografin zu sehen seien.
Pflaum war Autodidaktin, bekam 1952 ihre erste eigene Kamera geschenkt und fotografierte fortan stets mit der altmodischen Rolleiflex, einem Apparat mit nur einem Objektiv und nur einer Brennweite, den man umgehängt vor dem Bauch trägt und in den man von oben hineinschaut. So entstanden alle ihre Bilder, von denen laut Kos "viele heute ikonische Kraft" haben. Sie arbeitete ab 1955 im Rahmen des journalistischen Terminkalenders und hat in den folgenden Jahren nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass die Schnittstelle zwischen Öffentlichem und Privatem aufgeweicht wurde und das öffentliche Bild von Politikern sich gewandelt hat.
Aussagekräftige Porträts
"Ihre große Stärke war das Porträt", sagt Ausstellungskuratorin Susanne Winkler, die gemeinsam mit Gerald Piffl 150.000 Negative und 15.000 Prints aus dem Nachlass durchforstete. Tatsächlich finden sich faszinierende und immer wieder auch amüsante Fotos von Politikern und Künstlern, in deren Kreisen sie anerkannt war und sich üblicherweise auch aufhielt.
Ein Porträt von Bundespräsident Heinz Fischer aus dem Jahr 1974 hängt dabei neben einem Bild des ehemaligen Bundespräsidenten und damaligen Außenministers Kurt Waldheim (1968). Daneben Helmut Zilk in jungen Jahren, Bruno Kreisky, Leopold Figl, Julius Raab, dazwischen Hans Moser, Thomas Bernhard, Herbert von Karajan, André Heller.
Bewegende Impressionen
Die Schauspielerin Louise Martini sagte einst, Pflaum habe es immer verstanden, "die Seele einzufangen". Deutlich wird das bei Bildern von Oskar Werner oder Helmut Qualtinger - legendär bis heute das "Herr Karl"-Foto - ebenso wie bei der Bildserie vom Maler Oskar Kokoschka oder dem Bild von Maria Callas im Hotel Sacher.
Das berühmteste Titelblatt der "Wochenpresse" zeigte jedoch einen Politiker - und zwar den umstrittenen SPÖ-Innenminister Franz Olah, der in diabolischer "Inszenierung" mit der Headline "Schatten über Österreich" kombiniert wurde.
Die Essenz aus Pflaums Werk - rund 300 Fotografien - ergibt eine bewegende Bildchronik der Zweiten Republik. Sie, die eine der ersten Frauen im Bildjournalismus war, fing dazu auch immer wieder Impressionen aus Wien ein, der Stadt, die ihr stets als Kulisse für ihre Arbeit diente. Mit diesen Bildern wurden einige Bücher publiziert, die ebenfalls im Wien Museum zu sehen sind.
Mehr zum Wien Museum in oe1.ORF.at
Veranstaltungs-Tipps
Ausstellung "Photo: Barbara Pflaum", bis 18. Februar 2007 im Wien Museum Karlsplatz,
Ö1 Club-Mitglieder erhalten ermäßigten Eintritt (25 Prozent).
Podiumsdiskussion "Meuchelfotos & Medienmacht: Politiker im Visier der Bildjournalisten", Donnerstag, 25. Jänner 2007, 18.30 Uhr, Wien Museum Karlsplatz, Vortragssaal
Link
Wien Museum Karlsplatz