Bildung von Vereinen und Initiativen

Arbeitslose wehren sich

Die Zahl der Erwerbsarbeitslosen steigt kontinuierlich an und parallel dazu auch ihr Politisierungsprozess. Vor allem Langzeitarbeitslose erheben Forderungen, die von einem Ende der sozialen Ächtung bis zu mehr Mitspracherecht bei der Gesetzgebung reichen.

Nicht nur die Anzahl der Erwerbsarbeitslosen ist anhaltend hoch, auch der Druck auf die Betroffenen steigt. Sie monieren sinnlose Zwangsschulungen, Sperren unter nichtigen Vorwänden und unwürdige Schikanen. Arbeitsloseninitiativen wehren sich.

Arbeitslose und deren Dunkelziffer

Im März vorigen Jahres waren in Österreich mehr als 271.000 Menschen arbeitslos gemeldet. Nicht eingerechnet waren hierbei mehr als 62.000 Arbeitsuchende, die sich zu jener Zeit in Schulungsmaßnahmen des AMS befanden, sowie Arbeitslose im Krankenstand, Arbeitssuchende, die im Rahmen einer Sanktionsmaßnahme vorübergehend vom Bezug gesperrt waren, Bezieher des Übergangsgeldes zur Pension, sowie ältere Arbeitssuchende, die eine Invaliditätspension beantragt und noch auf die Entscheidung gewartet haben.

Neben diesen in der Statistik aufscheinenden Zahlen gibt es aber darüber hinaus auch offiziell nicht gemeldete, versteckte Arbeitslose: Das sind solche, die kein Anrecht auf Arbeitslosengeld haben, etwa, weil sie die für den Bezug erforderlichen Versicherungszeiten nicht beisammen haben. Oder auch Frauen, die zwar gerne arbeiten würden, aber keinen Job finden und daher zu Hause bleiben, ohne sich arbeitslos zu melden.

Ebenso wenig in Statistiken miteinbezogen werden Lehrstellen suchende Jugendliche und Frühpensionisten, die zwangsweise in den Ruhestand geschickt werden wie etwa Beamte oder Eisenbahner. Sehr grob geschätzt könnte man daher wohl noch einmal 100.000 bis 200.000 Menschen dazurechnen, meint auch die Arbeiterkammer.

Schikanen durch das AMS

Jene Betroffenen, die nach weniger als einem Jahr wieder Arbeit finden, sind meist zufrieden mit den Schulungen oder Bewerbungstrainings des AMS, des Arbeitsmarktservice. Weit unzufriedener sind hingegen Langzeitarbeitslose; das sind Menschen, die länger als ein Jahr arbeitslos bleiben. Sie monieren diverse Schikanen, die durch das derzeitige Arbeitslosenversicherungsgesetz legitimiert sind:

Darunter zählen etwa mehrwöchige Sperren des Arbeitslosengeldes ohne Vorwarnung und aus den nichtigsten Anlässen oder herablassende Behandlung der AMS-Angestellten. Vor allem an den Bewerbungstrainings und Coachings nehmen viele Betroffene Anstoß. Zu diesen Trainings werden sie unter Androhung der Sperre des Arbeitslosengeldes gezwungen. Doch die Qualität lässt oft zu wünschen übrig: Ungeachtet ihrer Qualifikationen werden unterschiedlichste Arbeitslose in diesen Kursen zusammengewürfelt. Sie berichten davon, dass dann dort oft nur die Zeit tot geschlagen werde, dass ein sinnvolles Training unter diesen Bedingungen nicht statt finden könne.

AMS bilanziert positiv

Das AMS hingegen weist in seinen Evaluierungen einen hohen Zufriedenheitsgrad der Betroffenen aus. Auch seien die Chancen für eine raschere Wiedereingliederung am Arbeitsmarkt nach Absolvierung dieser Kursmaßnahmen nachweislich höher.

Trotzdem hat man auf die Kritik zumindest teilweise reagiert und bietet den Betroffenen nun auch mehr gewünschte Basisqualifikationen an.

Empowerment für Arbeitslose

Arbeitslose beginnen nun, sich politisch zu organisieren. Sie organisieren sich in diversen Vereinen und Initiativen und erheben zahlreiche Forderungen, um ihre Situation zu verbessern.

Dazu gehören mehr Mitsprache bei der Gesetzgebung, ein unabhängiger Arbeitslosen-Sprecher, gerechte Verteilung der vorhandenen Arbeit, keine Zwangszuweisungen zu den AMS-Schulungen mehr, eine menschenwürdige Versorgung Gekündigter, Grundeinkommen für Armutsgefährdete sowie eine jährliche Inflationsanpassung von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe.

Hör-Tipp
Journal-Panorama, Dienstag, 2. Jänner 2007, 18:25 Uhr

Links
"Zum alten Eisen?"
ArbeitslosenSprecherIn.at
So ned!
AhA - Arbeitslose helfen Arbeitslosen
AMSand